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My neurodivergent life is a piece of art

Das vermeintliche Feindbild NT

Das vermeintliche Feindbild NT

6. Dezember 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Mein Leben lang war ich „anders“, seltsam, nicht so, wie man mich haben wollte. Nicht immer sagte jemand etwas, aber ich merkte die schiefen Blicke, die hochgezogenen Augenbrauen, die Verwirrung im Gegenüber, die von meiner „falschen“ Reaktion auf etwas ausgelöst worden waren. Irgendetwas an mir war merkwürdig.

Ich bemühte mich, mich anzupassen, beobachtete, analysierte, hinterfragte, interpretierte und imitierte, was ich wahrnahm. Ich maßregelte mich selbst, hielt meine übergroßen Gefühle vor anderen zurück, bemühte mich gleichzeitig darum, die gewünschten Gefühle besser zu zeigen. Ich arbeitete an mir, denn ich wollte so sein, wie alle zu sein schienen.

Ich konnte nicht in Worte fassen, was an mir anders war und wenn ich doch versuchte, es zu beschreiben, endete es in komplizierten, langwierigen Erklärungen, die am Ende nichts erklärten, sondern nur noch mehr Verwirrung verursachten. Also arbeite ich noch mehr an mir. Beobachtete mehr. Analysierte mehr. Las über menschliche Verhaltens- und Ausdrucksweisen und hoffte, dass ich eines Tages, wenn ich endlich genug gelernt haben würde, endlich „normal“ sein würde.

CN: Suizidalität (für diesen Absatz)
Immer wieder brach ich zusammen, weil ich es nicht mehr aushielt, auf diesen Tag noch länger zu warten, noch stärker darauf hinzuarbeiten, mich noch mehr zu bemühen und doch immer, immer, immer wieder anzuecken, falsch zu sein, nicht dazu zu passen. Ich stürzte immer wieder in tiefe Verzweiflung, sah keinen Ausweg aus meiner Andersartigkeit, aus MIR, war suizidgefährdet und hoffnungslos.

Ich suchte nach Antworten – jahrzehntelang! Eine Weile suchte ich mir Trost in Hochsensibilität, erklärte mir meine Andersartigkeit damit, dass ich halt was Besonderes war. Besonders sensibel. Nicht für diese Welt gemacht. Außergewöhnlich. Aber auf gute Art! Denn Hochsensibilität, das war was Gutes. Und als mir später eine Freundin von „bunten Zebras“ erzählte, heulte ich vor Ergriffenheit, denn hey, das war ICH! Bunte Zebras waren auch gut! Ich war also ein buntes, hochsensibles Zebra und das war toll!

Nur war es eben nicht toll. Ich war ja immer noch anders, bekam immer noch schiefe Blicke und Verwirrung zurück und fühlte mich an vielen Tagen nicht wie ein fröhliches, tolles, sensibles, buntes Zebra, nach Multi- oder Omnipotential, sondern wie ein Alien: Fremd, unverständlich, einsam.

Ich war zwar vielleicht ein ach so tolles Zebra, aber das änderte überhaupt nichts daran, dass ich nicht dazu passte und immer wieder als fehlerhaft und beschädigt wahrgenommen und behandelt wurde. Es änderte auch nichts daran, dass ich immer noch dachte, „nicht richtig“ zu sein, weil ich für andere seltsame Verhaltensweisen hatte.

Mir fehlten Menschen, die wie ich waren. Peers. Menschen, die verstanden, wenn ich nur eine bestimmte Sorte Senf essen konnte, wenn ich total unruhig wurde, weil mein üblicher Platz schon besetzt war, wenn ich ständig neue Hobbys hatte und immer ganz schlagartig die Lust daran verlor.

Ich brauchte Menschen, bei denen ich ich selbst sein konnte und mich nicht verstellen musste und endlich, endlich fand ich sie: Die Autistinnen und Autisten, die Menschen mit ADHS, die Neurodivergenten.

Ich hatte diese Label nie gewollt. Autismus war für mich etwas Schlechtes. ADHS war das, was zappelige, ungehorsame Jungs hatten. Ich wollte das nicht! Ich war das nicht! Mit Händen und Füßen habe ich mich dagegen gewehrt, weil es für mich das war, was ich schon immer gelernt hatte: Etwas, das ICH nicht zu sein hatte.

Also genau das, was ich war…

In der neurodivergenten Community lernte ich, dass ich gar kein Alien war und dass Autismus und ADHS (und andere Neurodivergenzen) nicht dem gesellschaftlichen Bild entsprechen. Sie sind nicht schlecht, sie sind nicht seltsam, sie sind keine Modediagnosen und keine Erziehungsfehler.

Neurodivergent zu sein bedeutet für mich, auf eine bestimmte Art zu denken und zu fühlen, Bedürfnisse zu haben, die andere vielleicht gar nicht als Bedürfnis wahrnehmen, eine eigene Art der Kommunikation zu haben und auch eine andere Auffassung vieler Dinge, über die sich die meisten Menschen nie Gedanken machen.

Neurodivergent zu sein bedeutet in der Tat, anders zu sein. Anders als die große Mehrheit der Menschen, als all diejenigen, an die ich mich mein Leben lang anpassen wollte. Die Menschen, die immer meine Vorbilder waren und von denen ich nichts lieber wollte, als akzeptiert zu werden – so sehr, dass ich mich bis zum Äußersten verbogen haben. Nicht einmal, nicht zehn Mal, sondern 40 Jahre lang an jedem einzelnen Tag, jedes Mal, wenn ich Kontakt zu anderen Menschen hatte.

Neurodivergent zu sein bedeutet nicht, toll zu sein. Es bedeutet aber genauso wenig, schlecht zu sein. Neurodivergente Menschen sind genauso gut oder schlecht, genauso menschlich, wie alle Menschen. Während aber diejenigen, die nicht neurodivergent sind, in der Welt meistens ganz passabel zurechtkommen, ist die Welt für neurodivergente Menschen ein ewiger Hindernisparcours. Selbst ganz alltägliche Dinge werden zu Hürden, weil wir anders sind, weil Vorgänge und Aufgaben, nicht für uns und unsere Art zu denken, gemacht sind.

Wir unterscheiden daher zwischen jenen, die neurodivergent sind und jenen, die neurotypisch sind.

Neurotypisch zu sein bedeutet nicht, toll zu sein und es bedeutet auch nicht, schlecht zu sein. Neurotypische Menschen sind genauso gut oder schlecht, genauso menschlich, wie alle Menschen. Es ist aber deutlich wahrscheinlicher, dass dein Gegenüber an der Kasse, in der Bank, bei der Ärztin usw. neurotypisch ist und mit einer neurotypischen Person besser umgehen wird können – weil sie selbst so ist UND weil sie es gewohnt ist.

Wir Neurodivergenten sind also eine Minderheit und wie das immer so ist bei Minderheiten: Die Mehrheit findet sie seltsam und anders und was seltsam und anders ist, ist zumindest suspekt, macht auch oft Angst und führt dazu, dass man sich dagegen abgrenzen muss und das in einer Art und Weise, die klarstellt, dass man selbst – als Teil der Mehrheit – besser ist. Alle anderen werden abgewertet.

Das sehen wir bei Misogynie, bei Rassismus, bei Antisemitismus, bei Ableismus, bei Transfeindlichkeit, bei Homosexuellen-Feindlichkeit, bei Klassismus, Adultismus… und halt auch bei Autismus, bei ADHS und anderen psychischen „Störungen“. Nicht umsonst haben wir ja das Label „Störung“. Wer gestört ist, ist nämlich eindeutig falsch, weniger wert und muss auch gar nicht ernstgenommen werden.

Deswegen ist der Begriff Neurodivergenz/neurodivergent für uns so etwas Besonderes: Er ist nicht abwertend und WIR haben uns für ihn entschieden. Es ist kein Begriff, den wir übergestülpt bekommen haben! Es ist kein Begriff, mit dem sich nicht-neurodivergente Menschen von uns abgrenzen wollen, sondern ein Begriff, mit dem wir uns von ihnen abgrenzen können.

Das ist dann auch der Punkt, wo Menschen, die nicht neurodivergent sind, gerne eine rote Linie ziehen würden, denn sich von anderen abzugrenzen, sie auszugrenzen und abzuwerten, das ist okay, aber nur, wenn man die Mehrheit ist. Marginalisierte Gruppen sollten dieses Recht gar nicht erst haben, wo kommen wir denn da hin? /s

Das Problem: Für diejenigen, die in der Mehrzahl sind, ist es so normal und alltäglich, über die Köpfe „der anderen“ hinweg zu entscheiden, dass sie es gar nicht wahrnehmen.

Gehört man in einem (von unzählig vielen) Aspekten zu einer Mehrheit, sieht man überhaupt nicht, dass man sich in einer privilegierten, mächtigeren Position befindet – auch, weil es eben so viele Aspekte sind und jemand, der zwar neurotypisch, aber weiblich ist, ist immer noch weniger mächtig, als ein weißer cis Mann und doch ungleich mächtiger als ein neurodivergenter Mensch. Auch, wenn es sich aus der eigenen Position heraus, nicht so anfühlt!

Wir fühlen unsere eigene Macht gegenüber anderen nicht. Wir fühlen nur, wenn wir keine Macht haben. Dadurch werden Macht und Privilegien so gefährlich!

Aber zurück zu unserem Neurodivergenz-Begriff.

Mit Neurodivergenz labelt sich eine ganze Gruppe an Menschen einfach selbst! Sie NIMMT sich eine Macht, die ihr von den Mächtigeren nicht zugestanden werden will und benennt sich selbst und nicht nur sich selbst, sondern sie schafft auch einen Begriff, um nicht immer von „nicht-neurodivergent“ reden zu müssen, und nennt ihn „neurotypisch“.

Der Begriff ist kein Bisschen abwertend, beleidigend oder verletzend. Er beschreibt – im Gegensatz zu „Störung“ – einfach wertneutral, dass die neurologischen Funktionen dieser Gruppe „typisch“ sind, also der Mehrheit entsprechen.

Aber der Begriff wurde nicht selbst gewählt. Er wurde von einer anderen Gruppe festgelegt und „den“ Neurotypischen übergestülpt und das fühlt sich – ich weiß! – ziemlich fies an.

Die Sache ist nur die: Wir nehmen unsere eigene Macht durch Privilegien vielleicht nicht wahr, wir erkennen aber sehr wohl, wenn einer unserer Mechanismen plötzlich umgedreht wird. Und dieser Mechanismus der Fremdbezeichnung ist halt einer, den wir GEGEN Menschen verwenden – auch, wenn wir das nicht absichtlich und unbewusst machen!

Kommt jetzt also eine Gruppe und zwingt uns eine Fremdbezeichnung auf, fühlt sich diese Gruppe wie der Gegner an. Ein Feind! Und wenn sie unsere Feinde sind, dann sind wir ja mit Sicherheit auch deren Feinde und voilà schon haben wir die Mär von der Mehrheit als Feindbild der marginalisierten Gruppe.

Um das klipp und klar zu sagen: Neurotypische Menschen sind keine Feinde für neurodivergente Menschen!

Ja, wir nehmen die Unterschiede war – das tun wir sowieso schon unser Leben lang – und wir können sie jetzt benennen. Wir sagen damit aber NICHT: „Hey, ich fange an zu heulen, wenn meine Senfmarke ausverkauft ist und das macht mich viel besser als dich, weil du einfach einen anderen Senf kaufen kannst.“ Ja, natürlich machen wir uns auch immer wieder über die Unterschiede lustig, aber wir machen uns genau darüber lustig: Über die UNTERSCHIEDE! Es geht nicht darum, ob neurotypisches oder neurodivergentes Sein wichtiger, wertvoller oder besser ist. Es geht nur darum, dass neurodivergente Menschen eben AUCH wichtig, wertvoll und gut sind.

Dieser ganze angebliche Konflikt zwischen neurotypisch und neurodivergent besteht also eigentlich nur daraus, dass neurodivergente Menschen nicht länger bereit sind, als minderwertig betrachtet zu werden. Das nimmt die Mehrheit als „Störung im Machtgefüge“ wahr und springt dadurch ganz automatisch in einen Verteidigungsmodus. Dieser wird dann damit begründet und legitimiert, dass man ja angegriffen werde und als Feind gelte.

Tut man zwar nicht, aber ohne Begründung würde der Verteidigungsmodus ja keinen Sinn mehr ergeben und wir Menschen sind leider so, dass wir uns vermeintliche Gründe einfach ausdenken und es noch nicht mal bemerken.

Aber jetzt, wo wir das wissen, können wir ja vielleicht daran denken und dann heißt es: Bye-bye, Feindbild!

Neurodiversität
Neurodiversität

Neurodiversität

13. April 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Biodiversität, das sagt uns etwas: „Irgendwas mit Artenvielfalt oder so, nicht wahr?“ Meistens verbinden wir es auch mit etwas Positivem und das ganz zu Recht, denn Biodiversität, die Vielfalt an Lebewesen und Ökosystemen, führt überhaupt erst dazu, dass wir so leben können, wie wir es tun: Trinkwasser, Sauerstoff, Nahrung, … – all das funktioniert nur durch Biodiversität. Die Vielfalt stärkt unsere Ökosysteme und macht sie anpassungs- und widerstandsfähig. Ohne sie wäre der Klimawandel schon längst gelaufen – und das nicht zu unserem Vorteil.

Und Neurodiversität? Um welche Vielfalt geht es da und ist das auch was Gutes?

Bei Neurodiversität geht es – grob formuliert – um die Vielfalt der menschlichen Gehirne, um unterschiedliche Informationsverarbeitung und -wahrnehmung.

Die große Mehrheit der Menschen denkt sehr ähnlich – nicht im Sinne von „Sie haben die gleichen Gedanken“, sondern ihre Wahrnehmung und ihre Reiz- und Informationsverarbeitung ist sehr ähnlich. Diese Menschen gelten als „neurotypisch“, sprich ihr Gehirn arbeitet in „typischen“ Parametern. Klar, sonst wären sie ja nicht die Mehrheit.

Jetzt gibt es aber darüberhinaus auch Menschen, deren Gehirn anders funktioniert: Es ist andersartig, abweichend oder eben neurodivergent.

Unter Neurodivergenz fallen viele psychische „Auffälligkeiten“, wie z.B.: Autismus, ADS/ADHS, Tourette, Schizophrenie, Bipolare Störung, Zwangsstörung; aber auch Lese-Rechtschreibstörung, Dyskalkulie („Rechenschwäche“) oder Sprechstörungen.

Schon daran sieht man: Menschen mit Neurodivergenz werden als gestört betrachtet. Sie funktionieren nicht so, wie es von der (neurotypischen) Mehrheit erwartet wird und sie gelten daher als problematisch und fehlerhaft. Von außen betrachtet ist das durchaus logisch: Das, was als Norm angesehen wird, wird von neurodivergenten Menschen „nicht erfüllt“. Ihr Gehirn funktioniert anders und erfüllt seine Aufgabe in anderer Form als ein Gehirn, das dem der Mehrheit entspricht.

Ist das schlecht? Nun, das kommt auf die Sichtweise an.

Menschliches Zusammenleben basiert stark auf einem gemeinschaftlichen Konsens: Man hat ähnliche Werte, ähnliches Grundwissen, ähnliche Reaktionen, ähnliche Grenzen. Weichen diese Grundannahmen voneinander ab, wird es kompliziert, denn ich „funktioniere“ nicht so, wie mein Gegenüber es erwartet und für sein eigenes Handeln voraussetzt und berücksichtigt.

Wenn ich zum Beispiel mit jemandem ausmache, dass wir uns um 17:30 Uhr treffen, erwartet jede*r von uns, dass wir uns auch tatsächlich um 17:30 Uhr treffen. Was aber, wenn ich Dyskalkulie habe und Zahlen in meinen Kopf einfach tun was sie wollen? Vielleicht übersetze ich es für mich in „5 Uhr 30“ und schon im nächsten Moment verdreht sich die Uhrzeit für mich in 15:30 Uhr. Am Tag des Treffens habe ich keine Ahnung mehr, was denn jetzt die richtige Uhrzeit war. Vielleicht werde ich 2 Stunden warten. Vielleicht wartet aber auch die andere Person auf mich. Die Tatsache, dass mein Gehirn anders funktioniert hat unabsehbare Folgen und ja, das ist störend, nervig, hinderlich.

Was wäre aber, wenn wir davon ausgehen würden, dass Uhrzeiten vielleicht nicht für jeden Menschen so eindeutig wären und uns entsprechende Hilfen überlegen würden? Vielleicht rufen wir am Tag vorher noch einmal an, um die andere Person an die richtige Uhrzeit zu erinnern. Oder wir schicken eine Nachricht: „Hey, bleibt es bei dem Treffen in 2 Stunden?“ Oder wir wissen vielleicht, dass der oder die andere grundsätzlich mit schriftlicher Information besser zurecht kommt und schreiben Termine daher auf. Es ist immer noch eine Störung im „üblichen“ Ablauf, aber an solche kleinen Hilfestellungen kann man sich nicht nur schnell und unproblematisch gewöhnen – sie helfen letzten Ende allen Menschen, egal, ob sie Dyskalkulie haben oder nicht!

Das Spannende ist nämlich: Die meisten neurotypischen Menschen kennen von sich selbst Situationen, in denen sie ähnliche Probleme wie neurodivergente Menschen haben. Vielleicht vergessen sie einen telefonisch ausgemachten Termin, weil sie kurz unaufmerksam waren. Vielleicht hat gerade jemand an der Tür geläutet oder das Kind hatte eine dringende Frage und schon schlüpfte der Termin aus dem Gedächtnis. Vielleicht waren sie auch müde, in einer lauten Umgebung, der Empfang war kurz weg oder sie hatten nichts zum Schreiben zur Hand und bis es soweit ist, haben sie die Uhrzeit schlichtweg vergessen.

Genau daher kommt der Satz: „Das ist doch kein Zeichen für Autismus/ADHS/etc. – das habe ich schliesslich auch!“ oder „Sind wir nicht alle ein bisschen autistisch?“

Neurodivergente Menschen hassen das, denn es fühlt sich meistens so an, als würden dadurch unsere eigenen Erfahrungen und Schwierigkeiten relativiert und heruntergespielt: „So schlimm ist das doch nicht…“

Aus der Sicht neurotypischer Menschen ist der Gedanke durchaus verständlich: Sie kennen das ja tatsächlich von sich – oder zumindest glauben sie das. Was ihnen nämlich nicht bewusst ist: Bei einem neurodivergenten Menschen kommen solche Situationen in einer Häufigkeit und Stärke vor, die für den neurotypischen Menschen – mit eben ganz anderer eigener Erfahrung – schlichtweg nicht vorstellbar ist. Das was bei dem einen „mal“ vorkommt, ist bei dem anderen ein Dauerzustand – und auch noch viel intensiver. Der Grundton mag identisch sein, aber die Ausprägung und ihr Einfluss auf das gesamte Leben und Sein ist ein ganz anderer.

Ist Neurodivergenz jetzt also schlecht? Für mich eindeutig nicht.

Ich kenne natürlich nur meine, die neurodivergente, Art zu denken und ich mag sie sehr. Habe ich dadurch Probleme? Ja, definitiv. Das liegt aber nicht daran, dass neurodivergentes Denken schlecht oder weniger effizient wäre; es passt einfach nur nicht in eine Welt, in der die Mehrheit anders denkt und die für diese Mehrheitsdenkweise ausgelegt ist.

Die Menschheit profitiert jedoch von andersartigem Denken. „Out of the box“-Denken und kreative Lösungsansätze sind gefragt und entstehen überhaupt erst dadurch, dass irgendjemanden eben anders, abweichend, divergent denkt.

Neurodivergentes Denken und Leben ist eine Bereicherung jeder Unterhaltung, jedes Zusammenseins und Neurodiversität – also neurotypisches UND neurodivergentes Denken – führen zu Vielfalt in unserer Gesellschaft. Eine Vielfalt, die wir brauchen und wertschätzen sollten.

Neurodiversität ist genau so gut und wichtig, wie Biodiversität und es ist höchste Zeit, Neurodivergenzen, wie Autismus, AD(H)S, Bipolarität und all die anderen nicht länger als minderwertig anzusehen, sondern als Stärke.

Diversität stärkt eine Gesellschaft. Abweichung stärkt eine Gesellschaft. Abweichung ist wertvoll.

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