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My neurodivergent life is a piece of art

Let’s talk about: Exekutive Dysfunktion

Let’s talk about: Exekutive Dysfunktion

5. Juli 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Viele unserer Tätigkeiten passieren ganz oder großteils automatisch, man spricht auch vom Autopiloten. Wenn du etwas trinken möchtest, gehst du zum Beispiel zum Schrank, nimmst ein Glas heraus und füllst es mit deinem üblichen Getränk. Du denkst normalerweise nicht darüber nach, welches Glas du nimmst, wo du es abstellst, um es zu füllen oder wie voll du es machen wirst. All das passiert ganz von selbst.

Die meiste Zeit kann ich das auch, aber wenn meine exekutiven Funktionen gerade nicht auf der Höhe sind, setzt dieser Autopilot aus.

Das beginnt dann schon damit, dass ich darüber nachdenke, wie ich denn den Schrank mit den Gläsern überhaupt öffne. Muss ich meinen Arm heben? Aber tut mir nicht die Schulter weh? Wird der Schmerz schlimm sein? Wo greife ich die Schranktür an? Wie viel Kraft brauche ich, um sie zu öffnen?

All das, was eigentlich eine ganz automatisch ablaufende Handlung ist, wird mit einem Mal in lauter einzelne Teile zerlegt.

Oder ich muss ganz bewusst darüber nachdenken, in welcher Reihenfolge ich etwas mache. Erst die Schranktür öffnen? Oder erst den Wasserhahn aufdrehen?

Stell dir vor, dich würde jemand fragen, ob du beim Händewaschen erst das Wasser aufdrehst und die Hände nass machst oder erst die Seife nimmst. Oder drehst du vielleicht das Wasser auf, nimmst aber erst Seife und machst die Hände dann nass?

Wenn du die Aufgabe in einzelne Schritte zerlegst, wird sie plötzlich kompliziert, du musst sie dir vielleicht genau vorstellen und vielleicht bekommst du sogar Zweifel, ob du es wirklich so machst, wie du denkst.

Bei einer Beeinträchtigung der exekutiven Funktionen entsteht genau dieses Nachdenken und diese Unsicherheit. Gerne noch zusätzlich verbunden mit konstantem Hinterfragen: Mache ich das richtig? Brauche ich das wirklich? Geht es nicht vielleicht doch anders? Was kommt als nächstes?

Du wäschst dir nicht mehr einfach die Hände, holst dir nicht mehr einfach ein Glas Wasser, sondern die simple Tätigkeit wird zu einer riesengroßen Aufgabe.

Es gibt verschiedene Hilfen dafür.

Manchen hilft es, wenn sie visuelle oder auditive Anweisungen bekommen, zum Beispiel Zeichnungen, wie man Zähne putzt.

Anderen hilft es, die einzelnen Schritte aufzuschreiben, um das Chaos im Kopf ein wenig zu sortieren und sich einen Plan zurechtlegen zu können.

Bei mir hilft am Besten, nicht darüber nachzudenken.

Ich versuche, den Moment der Verwirrung und des Planens zu überspringen und doch wieder in den Automatismus zu kommen, indem ich an einer „späteren“ Stelle ansetze.

Vielleicht kennst du die Taktik von der Eingabe von Passwörtern oder PINs.

Wenn du ein Passwort häufig benutzt, tippen es deine Finger quasi automatisch, du denkst nicht bewusst darüber nach. Wenn du aber längere Zeit im Urlaub warst, fällt dir vielleicht am Abend des letzten Urlaubstags ein: „Mist, ich habe mein Passwort vergessen!“ Du denkst darüber nach und es fällt dir einfach nicht ein oder du erinnerst dich an alte Passwörter oder die für ganz andere Accounts.

Am nächsten Tag öffnest du trotzdem das Anmeldefenster, willst noch ein letztes Mal darüber nachdenken und mit einem Mal tippen deine Finger ganz automatisch das Passwort ein. Das richtige Passwort. Du hast nicht darüber nachgedacht, dich nicht bewusst erinnert, deine Finger wussten einfach, was zu tun ist. Das ist das Muskel- oder Körpergedächtnis.

Genau das nutze ich bei Phasen von exekutiver Dysfunktion. Ich denke nicht über das, was ich tun möchte, nach, sondern überlasse dem Körper die Führung.

Es funktioniert nicht bei Tätigkeiten, die ich noch nicht oft genug gemacht habe oder die ganz neu sind oder wenn ich einer Anleitung folgen muss. Deswegen kann ich in solchen Phasen zum Beispiel nicht backen. Ich kann aber damit zum Beispiel trotz exekutiver Dysfunktion die Küche aufräumen – WENN es mir gelingt, den Schritt des Nachdenkens zu überspringen und das Muskelgedächtnis aktiviert wird.

Wenn nicht… tja, dann kann ich für eine ganze Weile gar nichts mehr tun, weil ich einerseits versuche, mich dazu zu bringen, diese Sache zu machen, es aber andererseits nicht schaffe und quasi „feststecke“.

Wichtig für mich ist also immer: NICHT NACHDENKEN! TUN!

… und mich nicht darüber ärgern, wenn es mal wieder nicht funktioniert. Dann räume ich die Küche halt ein anderes Mal auf und backe den Kuchen dann, wenn die exekutiven Funktionen besser sind.

Neurodivergenz und das Bedürfnis nach Zeit für sich

Neurodivergenz und das Bedürfnis nach Zeit für sich

30. Juni 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Wisst ihr noch, als ich gesagt habe, ich würde verstehen, dass sich so viele Menschen für „ein bisschen autistisch“ halten würden? Oder, dass sie der Meinung wären, ADHS-Merkmale wären „normal“? Ich verstehe es immer noch, denn vieles von dem, wovon neurodivergente Menschen erzählen, gleicht dem, was andere Menschen auch mal erleben. Es ist nur weit davon entfernt, unserer Lebensrealität zu entsprechen, denn die Intensität, die Häufigkeit und die Einschränkungen, die damit einhergehen, sind ganz, ganz anders.

Ich dachte daher, ich erzähle davon, wie mein Bedürfnis nach Ruhe und Alleinsein aussieht, denn das gehört auch zu diesen Dingen, die ja jede*r kennt… oder vielleicht doch nicht?

In vorpandemischen Zeiten war es so, dass mein Mann morgens das Haus verließ, bevor ich aufstand. Er kam nachmittags zwischen 16 und 17 Uhr zurück und wir hatten dann etwa sechs gemeinsame Stunden, bevor wir schlafen gingen. Am Wochenende verbrachten wir mehr Zeit zusammen, aber im Großen und Ganzen kann man sagen, ich hatte jede Woche etwa 50 bis 60 wache Stunden für mich alleine – und ich brauchte sie nicht nur, sie waren mir auch oft nicht genug.

Durch die Pandemie hat sich viel verändert, der Ehemann hat vermehrt Homeoffice gemacht und ich fand es sehr, sehr schwierig, mich daran zu gewöhnen. Von einem Moment auf den anderen hatte ich gar keine Zeit mehr für mich! Wir waren ständig zusammen und Rückzug bedeutete auf einmal mich hinter meinem Laptop und meinen Noise-Cancelling-Kopfhörern zu verstecken, aber keine echte Ruhe, kein echtes Alleinsein mehr zu haben.

Ich habe mich damit arrangiert, habe mich abgelenkt, habe versucht, damit klarzukommen und dann kam der Moment, als er zurück ins Büro sollte. So wie mich davor der Wechsel von „viel Zeit alleine“ zu „gar keine Zeit alleine“ beeinträchtigt hatte, so ging es mir auch jetzt wieder mit dem Gegenteil. Ich hatte Angst alleine. Ich fühlte mich nicht wohl. Ich lag stundenlang wie erstarrt auf der Couch oder futterte mich durch den Kühlschrank auf der Suche nach emotionaler Regulation. Es war furchtbar.

Wir suchten Lösungen wie ein gemeinsames Mittagessen, damit ich nicht ganz alleine war, und mit der Zeit wurde es besser. Ich fing langsam wieder an, die Zeit alleine zu genießen, sie tatsächlich für mich zu nutzen, anstatt in einen tagtäglichen Wartemodus zu verfallen, wo ich nur darauf wartete, dass er wiederkam.

Und langsam begann auch der konstante Stress nachzulassen, die konstante Überreizung durch die so lange ständige Anwesenheit einer anderen Person bei gleichzeitig fehlender Erholungszeit wurde weniger und ich merkte, dass ich mich endlich wieder ruhiger fühlte.

Momentan habe ich drei Wochentage, wo ich alleine zuhause bin, an einem davon essen wir noch gemeinsam zu Mittag, an den übrigen vier Tagen ist der Mann die ganze Zeit anwesend. Das funktioniert meistens sehr gut, ich merke aber auch: In stressigen Zeiten reicht mir diese Menge an Alleinzeit nicht aus.

Die letzten fünf Wochen habe ich viel, viel Energie in Projekte für andere Menschen gesteckt. Ich mochte das und dennoch hat es mich gleichzeitig sehr, sehr angestrengt. Dazu kamen ein emotional sehr schwieriges Wochenende und das letzte Drittel meines Zyklus und Anfang dieser Woche war ich zu nichts mehr fähig. Totale Überlastung.

Ich konnte keine Gespräche mehr führen, erinnere mich an große Teile der Zeit überhaupt nicht mehr, weiß nicht einmal mehr so recht, was wir gegessen haben. Ich konnte nicht mehr nachdenken, nicht mehr schreiben, nicht mal mehr Ideen haben. Alles war weg und ich unendlich erschöpft.

Ich habe dann den Home-Office-Tag des Mannes mit Noise-Cancelling-Kopfhörern und einer Serie verbracht, habe auch an den anderen Tagen viel, viel Zeit mit nichts als Serie gucken und essen verbracht und dazwischen geputzt und aufgeräumt, weil mir das Gefühl von Ordnung und Kontrolle gut getan hat. Am ersten Tag alleine habe ich ein bisschen herumgemalt, Konzentration war noch schwierig und ich habe immer nur ein Blümchen oder ein Steinchen ausgemalt. Abends habe ich mich hinter meine Serie verkrochen, wollte meine Ruhe haben und es ging mir definitiv nicht gut. Am zweiten Tag allein habe ich den Ehemann darum gebeten, das gemeinsame Frühstück ausfallen zu lassen, damit ich mehr Zeit für mich hatte und am Nachmittag ging es mir immerhin so gut, dass ich meinen Bandwebstuhl bespannen konnte – Serienzeit für mich alleine brauchte ich dennoch. Heute ist Tag 3, an dem ich Zeit nur für mich habe, die Serie ist zu Ende geguckt, ich kann meine Gedanken wieder in Worte fassen und ich hoffe, ich schaffe es heute, etwas zu kochen.

Morgen ist Home-Office-Tag und so sehr ich mich darauf freue, dass der Ehemann anwesend ist – denn ich verbringe wirklich gerne Zeit mit ihm -, so sehr weiß ich auch jetzt schon, dass mir noch ein, zwei oder noch mehr Tage nur für mich sehr gut tun würden.

Ich BRAUCHE diese Zeit nur für mich. Ich brauche Zeit, in der nichts außer mir und meinen Gedanken anwesend ist, in der ich mich auf mich konzentrieren kann, die ich ohne Druck oder Notwendigkeiten steuern und gestalten kann. Ich tue viele Dinge für uns in dieser Zeit – ich kümmere mich um den Haushalt, schmiede Pläne, organisiere Sachen… was man halt normalerweise so nach Feierabend noch erledigen muss. Das kann ich aber wiederum nur, weil diese Tätigkeiten eingebettet sind in Ruhephasen und in Zeiten, in denen mein Kopf nicht mit der Anwesenheit einer anderen Person beschäftigt ist.

(Es gibt eine Szene in der BBC-Serie Sherlock, wo Sherlock einen Polizisten aus dem Raum schickt, weil seine Anwesenheit ihn beim Denken stört. Ich finde diese Szene sehr, sehr nachvollziehbar!)

Mit einem „normalen“ Leben sind 50-60 Stunden Alleinsein pro Woche nicht zu vereinbaren. Also zumindest, wenn man in der Zeit auch Wachsein möchte, denn da kommen ja noch mal 50-60 Stunden Schlaf dazu. Bei 168 Stunden pro Woche heißt das, dass ich selbst eine mir sehr, sehr nahestehende Person im Wachzustand gerade mal rund 40 Stunden ertrage… besser weniger. Und bei weniger nahestehenden Personen sind noch mal deutlich weniger Stunden erträglich.

Mein Leben – unser Leben – ist so weit wie möglich auf meine Bedürfnisse abgestimmt. (Disclaimer: Auch auf die des Ehemanns!) Wir haben das große Glück – das Privileg! -, dass das möglich ist – nicht ohne Einschränkungen, aber trotzdem möglich! Trotzdem komme ich regelmäßig an meine Grenzen, liege metaphorisch am Boden, weil ich nicht mehr kann und bin überfordert, überlastet, überreizt, am Ende meiner Kräfte, verliere Tage, weil nichts mehr geht – weil so das Leben mit meinen psychischen und physischen Einschränkungen nun mal ist. Weil so das Leben mit Behinderungen ist.

Und dennoch, ich wiederhole es: Ich habe Glück!

So, so viele Menschen haben dieses Glück nicht! Sie MÜSSEN irgendwie funktionieren, auch wenn sie schon am Boden liegen, wenn sie sich seit Wochen, seit Monaten, ja seit Jahren nicht mehr komplett erholen konnten, weil ihre Bedürfnisse im Kapitalismus nicht vorgesehen sind. Weil uns weißgemacht wird, dass, wer nichts „leistet“ auch nichts wert ist. Weil wir darauf gedrillt werden, davon auszugehen, dass alle anderen faul sind, sich auf Kosten anderer bereichern wollen würden oder nur einfach härter arbeiten müssten, damit es ihnen besser ginge.

Aber so ist es nicht.

Diejenigen, die sich auf Kosten anderer bereichern, sind nicht diejenigen, die arm sind, nicht diejenigen, die krank sind, nicht diejenigen, die als nicht fleißig und leistungsfähig genug gelten. Diejenigen, die sich auf Kosten anderer bereichern sind diejenigen, die unsere Vorbilder sind: Die Reichen, die Mächtigen, die Bewundernswerten.

Vielleicht ist es an der Zeit, die Vorbilder zu wechseln.

Liebe Gesellschaft: Du bist dran!

Liebe Gesellschaft: Du bist dran!

19. Juni 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Wie lebt man mit dem Wissen, dass das eigene Leben nie normal sein wird?

Mein Leben lang wollte ich nichts mehr als „nicht ich“ sein, sondern einfach so wie alle anderen. Ich wollte dazugehören, mich richtig verhalten, ein Teil der Gesellschaft sein, ja, auch „meinen Beitrag leisten“, damit diese Gesellschaft funktioniert. Ich habe mich angestrengt, weit über meine eigenen Möglichkeiten hinaus, habe mich immer noch mehr bemüht und mich dafür gehasst, dass ich es trotz allem Bemühen nicht geschafft habe.

Dann verstand ich endlich, dass es nicht an persönlichem Versagen, sondern an persönlichen Gegebenheiten liegt und eine Weile fand ich das tröstlich. Aber das ist es gar nicht.

Wenn es persönliches Versagen wäre, dann könnte ich mich einfach mehr anstrengen, noch mehr und immer mehr. ICH hätte es in der Hand, könnte eine Änderung bewirken und ein Scheitern liegt dann zwar auch an mir, aber wenn ich mich vielleicht noch ein bisschen mehr anstrengen würde, dann könnte ich es doch schaffen!

Wenn es in den Gegebenheiten liegt… was soll ich tun? Ich kann mich natürlich dennoch mehr anstrengen, aber so wenig, wie ich je lernen werde zu fliegen, so wenig werde ich es auch schaffen, mir durch genügend Anstrengung ein „normales“ Leben zu ermöglichen.

Ich bin traurig, dass es so ist und gleichzeitig bin ich wütend. Wütend, weil ich es einfach nicht ändern kann, weil mir der Handlungsspielraum genommen wurde, weil ich das kleine bisschen Kontrolle, von dem ich dachte, dass ich es besäße, einfach so geklaut wurde! Ich habe keine Kontrolle über meinen Platz in dieser Gesellschaft. Ich habe keine Kontrolle darüber, wie erfolgreich ich sein kann, wie schön, wie reich. Ich kann nichts kontrollieren!

Und doch sind wir es so gewohnt, dass alles eine persönliche Leistung – oder eben persönliches Versagen – ist, dass wir gar nicht mit dem Gedanken umgehen können, in Wirklichkeit überhaupt keine Kontrolle darüber zu haben.

Wo wir im Leben stehen, ist nichts als Glück.

Du hast dir dein Leben durch harte Arbeit verdient? Das ist toll! Nur ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass es Glück ist, dass du überhaupt so hart arbeiten kannst? Dass es vielleicht nur glückliche Umstände sind, die deine harte Arbeit erfolgreich sein lassen? Dass du vielleicht das Glück hattest, von den richtigen Personen wahrgenommen zu werden oder im richtigen Moment die richtige Idee hattest?

Ich will damit nicht sagen, dass deine harte Arbeit nichts wert ist!

Ich will nur sagen: Harte Arbeit ist nicht der einzige Faktor und deshalb ist es auch so, dass harte Arbeit auch zu überhaupt gar keinem Erfolg führen kann. Du könntest dich auch über Jahrzehnte hinweg jeden einzelnen Tag so sehr bemühen, dass du jeden Abend zu Tode erschöpft in dein Bett kippst, und trotzdem könnte es nur dafür reichen, dass du irgendwie klarkommst und es gerade noch so in dein Bett schaffst.

Harte Arbeit und der daran geknüpfte Erfolg sind nichts als eine schöne Geschichte, ein Märchen, ein Traum, der uns dazu bringen soll, genau das zu tun, was wir tun: Alles zu geben und uns trotzdem selbst die Schuld geben, wenn es nicht „reicht“.

Daran liegt auch, dass wir eigentlich nur jene Menschen sehen, die in irgendeiner Art und Weise erfolgreich sind. Wir leben für Erfolgsgeschichten und Scheitern darf nur vorübergehend sein und der Beginn einer motivierenden Geschichte, die wiederum zum Erfolg führt. Und genau das bekommen wir! Filme, Bücher, Social Media – wir sehen den Erfolg, den Wandel hin zu etwas Positivem, die Inspiration unser eigenes Leben „in die Hand zu nehmen“, weil: Wir können das doch alle!

Nein! Können wir nicht. Es gibt schlichtweg nichts, das wir einfach alle können. Natürlich können wir uns alle bemühen, wir können uns Ziele setzen und daran arbeiten, aber nicht für jede*n ist jedes Ziel gleich erreichbar.

Für mich ist das Ziel, in diese Welt, diese Gesellschaft mit all ihren Werten und Normen und Ansichten zu passen, einfach gar nicht erreichbar und ich will nicht mehr daran arbeiten. Ich will mich nicht mehr bemühen. Ich will nicht mehr meine Energie darauf verwenden als wenigstens etwas weniger seltsam durchzugehen! Ich will nicht länger auf Glück hoffen und diese Hoffnung hinter harter Arbeit verstecken.

Ich will einen Platz in dieser Welt, ohne ihn mir erkämpfen zu müssen und ich will, dass IHR ihn mir gebt. Mir und euch und allen anderen auf dieser Welt!

Es ist nicht mein Job, in diese Gesellschaft zu passen. Es ist die Aufgabe der Gesellschaft, für alle zu passen!

Liebe Gesellschaft: Du bist dran!

Weil wir wertvoll sind

Weil wir wertvoll sind

11. Mai 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Den Großteil meines Lebens hielt ich mich für einen ganz furchtbaren Mensch. Ich dachte, ich wäre faul, disziplinlos und wertlos. Während alle um mich herum ein „ordentliches“ Erwachsenenleben lebten, einen Job hatten, Kinder großzogen, ihren Haushalt im Griff hatten, sich ehrenamtlich engagierten, Hobbys und Freundschaften pflegten, hatte ich… nichts davon.

Ich habe keine Kinder, mein Haushalt schwankt konstant zwischen eigentlich ordentlich und undefinierbarem Chaos, meine Hobbys wechseln ständig, meine Freundschaften sind extrem eng oder nicht existent und beruflich kam ich immer nur dann klar, wenn ich mit Menschen zu tun hatte, die mir viel Freiraum gaben und mir gleichzeitig einen sicheren Rahmen boten, in dem ich die Regeln verstand und in Ruhe meinen Aufgaben nachgehen konnte.

In den meisten Jobs, die ich bisher hatte, ging es mir früher oder später richtig schlecht. Immer wieder kam es zu Situationen, in denen ich meine Arbeit nicht mehr tun konnte, weil alles in mir dagegen rebellierte. Und mit „alles“ meine ich tatsächlich alles. Mein Magen krampfte sich zusammen, meine Schulter- und Nackenmuskeln verhärteten, ich hatte einen Druck im Hals, meine Augen brannten, meine Gedanken begannen zu rasen und ich fühlte mich, wie kurz vor einer Panikattacke. Dazu kam das geradezu unerträgliche Gefühl, schreien und heulen zu müssen. Ich tat es nicht, aber ich kämpfte. Ich zwang mich dazu, meine Arbeit zu tun und umso mehr ich mich zwang, umso schlechter ging es mir damit.

„Augen zu und durch“, bekam ich dann zu hören oder: „Wir alle müssen manchmal Dinge tun, die wir nicht wollen, stell dich nicht so an.“

Ich dachte, sie hätten Recht und es läge daran, dass ich faul und arbeitsscheu wäre und mich vor meiner Arbeit drücken wollte, weil ich einfach keine Lust darauf hatte. Ich empfand das zwar nicht so, aber ich hatte mein Leben lang gehört, dass ich faul wäre, also musste doch etwas daran sein? Ich sah, wie andere ihre Arbeit erledigten und dachte, sie litten genauso sehr wie ich, würden das aber weniger zeigen, sich einfach mehr bemühe und schlichtweg arbeitsamer sein. Ich dachte, wenn ich das auch wäre, dann wäre alles gut.

Ich bemühte mich von ganzem Herzen – aber ich litt immer mehr. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, verbrachte Stunden um Stunden damit, alles, was am Arbeitstag passiert war, noch einmal zu hinterfragen und durchzudenken, überlegte mir hunderte von Strategien, wie ich noch eine Woche durchhalten könnte und noch eine. Ich hatte Angst davor, am nächsten Tag wieder dieser einen Person zu begegnen, deren Ansprüche für mich so unverständlich und wechselhaft waren, dass ich konstant an mir zweifelte. Ich fürchtete mich davor, wieder mit jener Person zu tun zu haben, die ständig ihre Anweisungen an mich vergaß und dann sagte, ich hätte etwas falsch gemacht. Ich machte mir Sorgen, dass ich wieder mit der Person zu tun haben würde, die von mir ein unterwürfiges Verhalten erwartete, das ich aber nicht zu ihrer Zufriedenheit erfüllen konnte.

Ich fühlte mich konstant fehlerhaft und minderwertig und gab mir die Schuld daran. Ich litt darunter, nicht einfach so sein zu können, wie man mich haben wollte – dabei verstand ich noch nicht einmal genau, WIE man mich haben wollte, nur, dass es offensichtlich besser wäre, wenn „ich“ weniger „ich“ wäre.

Ich wurde schließlich sehr krank und man legte mir nahe, zu kündigen. Ich verstand das, wollte es aber auf gar keinen Fall, denn was wäre ich denn dann überhaupt noch wert? Man war doch nur mit Job ein guter Mensch! Zumindest war es das, wovon ich überzeugt war.

Nach vielen, vielen Gesprächen mit dem Ehemann kündigte ich dann doch, denn auch wenn es mir schwerfiel, ihm zu glauben, dass mein Wert nichts mit (m)einem Job zu tun hatte, so wusste ich doch, dass er zumindest in einem Punkt recht hatte: Der Job tat mir nicht gut.

Es folgten ein paar andere Jobs, aber meistens merkte ich schon nach kurzer Zeit: Das funktioniert nicht. Ich machte mir beständig große Vorwürfe, hielt mich für unfähig und nicht belastbar genug, fand mich zu pingelig und zu schwierig, zu faul und arbeitsunwillig und wieder dachte ich, ich müsste nur einfach aufhören, ich zu sein, dann wäre schon alles in Ordnung. Aber wie machte man das?

Ich fand es nicht heraus, aber dafür fand ich etwas anderes: Eine ganz wunderbare Chefin! Mit einem Mal fühlte ich mich nicht mehr falsch, sondern ganz außerordentlich wohl. Ich hatte Freude an meiner Arbeit, wurde geschätzt und konnte meine Stärken ausleben. Ich hatte überhaupt kein Problem mit all diesen Aufgaben, die nicht wirklich Freude machen! Sie waren halt da und ich erledigte sie – ganz ohne Probleme. Vieles von dem, was für mich Stress bedeutete, fing meine Chefin auf, sie unterstützte mich und ließ mir meine Freiräume.

So wohl ich mich auch fühlte, meine psychischen und physischen Probleme führten dennoch immer wieder zu Ausfällen und ich empfand mich als Enttäuschung.

Ich arbeitete viele Jahre mit dieser Chefin zusammen, doch irgendwann wechselte sie die Stelle und ich bekam einen neuen Chef – und wieder funktionierte es nicht.

Schon nach kürzester Zeit war ich massiv gestresst, hatte Angst vor dem nächsten Arbeitstag, dachte an nichts als die Arbeit und war konstant überreizt. Es ging mir schlecht, ich litt auch an Nicht-Arbeitstagen gewaltig und mir wurde klar: Ich musste da weg. Ich kündigte schließlich sobald es nur ging und war unfassbar erleichtert darüber.

Ich habe seither keinen neuen Job gesucht. Ein bisschen ist da die Angst, wieder in so eine Situation zu kommen, ein bisschen ist es die Tatsache, dass meine physische und psychische Gesundheit nicht so zuverlässig sind, wie ich (und potenzielle Arbeitgeber) das gerne hätten. Ein bisschen ist es vielleicht auch Trotz gegenüber einer Gesellschaft, die einem Arbeit als Zeichen des eigenen Wertes verkauft. Vor allem aber ist es ganz viel Wissen, dass es mir ohne festen Job besser geht. Viel, viel besser.

Ich schäme mich bis heute manchmal dafür und wenn ich weiß, dass ich neue Menschen kennenlernen werde, überlege ich mir schon lange davor, was ich wohl auf die Frage „Und was machst du beruflich?“ antworten werde, denn die gesellschaftliche Abwertung für Menschen, die nicht erwerbstätig sind, ist real.

Arbeitet man nicht, dann gilt man als faul, als disziplinlos und als Belastung. Man bekommt zweifelnde Blicke, was man denn den ganzen Tag tun würde, manche sind neidisch über die viele Freizeit, andere erwarten, dass man eben jene Freizeit dann doch möglichst sinnvoll nutzt. Arbeitet man nicht, hat man sich sozial zu engagieren, einen perfekten Haushalt zu führen oder doch wenigstens den Ehepartner perfekt zu umsorgen, denn den nutzt man ja offensichtlich total aus. /s Tonidikator: Sarkasmus

Der Gedanke, dass jeder Mensch seinen Möglichkeiten entsprechend lebt, ist den meisten zumindest in der Theorie noch klar. Wie unterschiedlich diese Möglichkeiten aber verteilt sind, ist schon deutlich schwieriger nachzuvollziehen. Wie oft bekommt man zu hören: „Da muss man sich einfach nur mehr anstrengen!“

Meine Möglichkeiten sind stark begrenzt: Ich bin chronisch krank, habe eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung (und andere psychische Probleme) und muss als neurodivergenter Mensch in einer Welt, die nicht für mich gemacht ist, klarkommen. Selbst ohne Erwerbsarbeit fehlt mir oft schon die Energie für den ganz banalen Alltag. So sehr ich mich auch anstrenge, meine Möglichkeiten bleiben dennoch begrenzt.

Ich habe genug davon zu hören, dass ich weniger faul sein oder mich mehr bemühen soll. Ich will nicht mehr gesagt bekommen, dass ich „halt einfach machen“ soll und mich nicht in Ausreden flüchten soll und das ja alles gar nicht so schlimm wäre und andere ja auch xy tun könnten. Und vor allem möchte ich nicht länger das Gefühl vermittelt bekommen, eine Bürde zu sein, eine Belastung, ein Schmarotzer oder dass ich ja Glück hätte, dass mein Ehemann noch bei mir wäre, obwohl ich so bin wie ich bin.

Jeder Mensch ist wertvoll.

Vielleicht erschließt sich nicht jedem oder jeder, worin dieser Wert besteht, aber weißt du was: Das muss es auch gar nicht. Behandle Menschen einfach so, als wäre dir absolut klar, dass sie gut und wertvoll und wichtig und, ja, auch nützlich sind. Vielleicht fällt dir dann irgendwann auf, dass es tatsächlich so ist und wie sehr sie dein Leben bereichern.

Studium mit Neurodivergenz
Unterstützung beim Studium mit Neurodivergenz

Unterstützung beim Studium mit Neurodivergenz

19. April 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Ich habe dreimal studiert – ohne auch nur einen Abschluss zu haben.

Das erste Mal war direkt nach dem Abi an einer regulären Präsenzuni. Ich wusste nichts über meine Neurodivergenz und dass sie mir Probleme beim Studium bereiten könnte und es war furchtbar für mich. Zwei Jahre lang war ich ständig im Overload, hatte dauernd Panik und habe jeden Moment des Studiums gehasst. Dann habe ich es aufgegeben und mich als gescheitert betrachtet. Ich fühlte mich als totale Versagerin.

Ein paar Jahre danach wollte ich es noch einmal probieren. Über meine Neurodivergenz wusste ich immer noch nicht mehr, aber mir war klar, dass ein klassisches Präsenzstudium für mich nicht funktionieren würde, also probierte ich es an einer Fernuniversität. Ich habe nicht einmal das erste Semester geschafft. Der riesige Stapel an Unterlagen überforderte mich vom ersten Moment an und ich habe nie auch nur eine Stunde damit verbracht. Der Eindruck, eine Versagerin zu sein, festigte sich und ich schämte mich endlos.

Ein Jahrzehnt später der dritte Anlauf. Endlich hatte ich zumindest akzeptiert, dass ich neurodivergent bin, verstand aber immer noch nicht, was das tatsächlich bedeutete. Nach langem Überlegen entschied ich mich für ein Studium an der Open University. Ich hatte mehrfach von Autistinnen gelesen, die dort gut zurecht gekommen waren, weil die Universität hervorragend auf behinderte Studierende ausgelegt ist und ich dachte mir: „Vielleicht gelingt es mir ja dort. Vielleicht bin ich doch keine Versagerin.“

Die Open University ist in Großbritannien und komplett auf ein berufsbegleitendes, kostenpflichtiges Online-Studium ausgelegt. Der Großteil der Veranstaltungen findet online statt (es gibt ein paar Ausnahmen, wo es auch Präsenzseminare gibt). Es gibt Internetseiten mit dem Kursmaterial (in Wocheneinheiten aufgeteilt, so dass man nie überfordert ist), kleine Studierendengruppen, die von einem Tutor oder einer Tutorin betreut werden, ein Forum für Kursaufgaben und allgemeinen Austausch. Man schreibt (benotete) Hausarbeiten und reicht sie online zur Korrektur ein. Außerdem gibt es Video-Sessions zu einzelnen Themenblöcken, die zur Vorbereitung auf die Hausarbeiten und Klausuren dienen (in meinem Modul waren sie freiwillig und wirklich hilfreich).

Für einen Bachelorstudiengang rechnet die Open University mit 3 Jahren Vollzeit oder 6 Jahren Teilzeit, man kann die Dauer aber durch die Kurswahl beeinflussen. Für den Bachelorabschluss benötigt man 360 Credits. Die Module dauern jeweils ein Jahr (von Oktober bis Mai/Juni), geben 60 Credits und kosten umgerechnet etwa 4000 Euro (Es gibt auch Module mit nur 30 Credits, die dann entsprechend günstiger sind). Ein ganzes Studium kommt also auf über 20.000 Euro und ja, das ist eine ganze Menge Geld. Mein Plan war es, das Studium so weit wie möglich zu strecken, um die Kosten über einen längeren Zeitraum aufzuteilen.

Zuerst wollte ich aber wissen, ob das überhaupt für mich funktionieren würde, oder ob ich erneut am Thema „Studium“ scheitern würde – ewige Versagerin, als die ich mich fühlte.

Ich begann also mit einem 30-Credit-Modul (English for Academic Purposes) und war noch vor dem eigentlichen Studienbeginn total begeistert von der Open University!

Die Open University hat ein Disability Support Team, das darauf spezialisiert ist, Studierenden mit Behinderungen zu helfen. Als Student*in füllt man ein Onlineformular aus, in dem man die eigenen Behinderungen angeben und erläutern kann und stellt eine Bescheinigung über die Diagnose zur Verfügung. Das Team meldet sich dann mit Rückfragen und erstellt entsprechend der jeweiligen Bedürfnisse eine Dossier mit den möglichen bzw. empfohlenen Unterstützungen und Erklärungen zur Behinderung.

Schon bei den Rückfragen habe ich mich sehr stark angenommen und gut aufgehoben gefühlt, denn die Rückfrage kam per E-Mail und fragte explizit nach, ob ein telefonisches Gespräch für mich in Ordnung wäre, oder ob ich lieber ausschließlich schriftlich kommunizieren würde. Stell dir vor, wie erstaunt ich war, dass eine Institution von sich aus, so etwas anbietet!

Ich bat um Kommunikation ausschließlich per E-Mail und das wurde auch direkt in mein Dossier aufgenommen, so dass ich keinerlei Anrufe von der Universität bekommen würde, so lange ich nicht vorher zustimmen würde. Was für eine Erleichterung für mich!

Die Mitarbeiterin vom Disability Support bat mich dann noch um ein paar zusätzliche Informationen, wie zum Beispiel etwaige Trigger für meine Posttraumatische Belastungsstörung oder welche expliziten Probleme ich durch meine diversen Behinderungen im Studium voraussichtlich haben könnte. Daraus hat sie dann mein Dossier erstellt, auf das meine Tutor*innen Zugriff bekommen, um mich entsprechend unterstützen zu können.

Mich hat das Dossier total umgeworfen – im positiven Sinne! Es gab zum Teil Hinweise auf kleinste Unterstützungen, bei denen mir sofort klar war, was für einen großen Unterschied sie für mich machen würden. Andere Hilfsmaßnahmen fand ich zunächst unnötig, stellte aber später fest, wie sehr sie mir tatsächlich helfen konnten. Dieses Dossier war für mich der allergrößte und -beste Schubs, um meine Neurodivergenz tatsächlich anzunehmen!

Ich teile hier (übersetzte) Auszüge daraus, weil ich mir denke, dass sie auch für andere hilfreich sein könnten. Vielleicht bist du ja auf der Suche nach möglichen Anpassungen für dich und deinen Autismus oder deine ADHS.

  • Claudia bittet darum, dass jeglicher Anfangskontakt per E-Mail erfolgt.
  • Sie würde von regelmäßigem, von ihrem Tutor/ihrer Tutorin iniziierten Kontakt profitieren, da es ihr schwerfällt, selbst mit anderen in Kontakt zu treten.
  • Claudia hat Schwierigkeiten mit Audio- und Videomaterial und bevorzugt schriftliche Informationen. [Die Open University bietet standardmäßig Transkripte für alle Audios und Videos an.]
  • Kommunikation mit anderen und Gruppenarbeiten sind sehr stressig für Claudia. Es könnte hilfreich für sie sein, vor oder nach einer Gruppenarbeit ein Einzelgespräch mit ihr zu führen.
  • Bitte unterstützen Sie sie bei der Teilnahme an Foren- und Gruppenaktivitäten. Schon etwas Ermutigung könnte positive Auswirkungen für sie haben.
  • Es ist möglich, dass Claudia bei Videokonferenzen ihr Mikrofon und ihre Kamera abschaltet.
  • Claudia fühlt sich vermutlich unwohl, wenn sie das Zentrum der Aufmerksamkeit ist. Achten Sie besonders bei Vorstellungsrunden oder „ice breaker“-Aktivitäten darauf.
  • Möglicherweise ist es hilfreich für sie, wenn sie die Sicherheit erhält, dass nicht von ihr erwartet wird zu reden, bis sie sich dazu in der Lage fühlt.
  • Claudia würde davon profitieren Tutorialnotizen bereits im Voraus zu erhalten um diese in Ruhe zu lesen und aufzunehmen.
  • Darüberhinaus benötigt sie schriftliche Aufzeichnungen aller Veranstaltungen, die sie möglicherweise nicht besuchen kann.
  • Bitte beraten Sie sie dabei, wie sie sich auf das Lesen essentiell notwendiger Informationen beschränken kann, um ihr Energielevel zu schonen.
  • Claudia benötigt frühzeitige Informationen über Termin- oder Ortsänderungen.
  • Es ist wichtig, Erwartungen klar zu definieren und davon auszugehen, was vernünftigerweise erwartet werden kann, anstatt ein Ideal zu formulieren.
  • Aufgrund ihrer Neurodivergenz kommt es leicht zu Missverständnissen bei Fragen und Feedback, weswegen diese zu jeder Zeit klar und präzise formuliert werden.
  • Vermeiden Sie wenn möglich Witze und Sarkasmus und geben Sie direkte Erklärungen. Bemühen Sie sich, zweideutige Sprache zu vermeiden.
  • Claudia ist übermäßig selbstkritisch, was zu Angstzuständen bei Bewertungen führen kann. Geben Sie konstruktives Feedback, heben Sie ihre Stärken hervor und weisen Sie sie darauf hin, wie sie sich weiter verbessern kann, anstatt ihre Schwächen aufzuzeigen.
  • Claudias Behinderungen können zu Erschöpfungszuständen und Konzentrationsproblemen führen.
  • Tutorinnen und Tutoren werden darum geben, Claudia dabei zu unterstützen, Strategien für ihren Studienablauf zu entwickeln. Das beinhaltet Beratung zur Prioritätensetzung im Studienmaterial, zum Umgang mit eventuell triggernden Themen (und möglichen Ersatz dafür), individuelle Support Sessions, sowieso gelegentliche – vorher abgesprochene – Verlängerung von Abgabefristen.
  • Es könnte dazu kommen, dass Claudia nicht in der Lage ist, mit der Universität zu kommunzieren. Für diesen Fall ermutigen wir sie, einen Vertreter zu benennen, der in ihrem Namen mit der Universität kommunizieren kann.
  • Bei Vor-Ort-Veranstaltungen ist es möglich, dass Claudia eine Begleitperson mitbringt.

Nicht alles davon wurde dann im Studium von meiner Tutorin tatsächlich beachtet. Ich habe mich zum Beispiel bei Gruppenarbeiten tatsächlich sehr hilflos und verloren gefühlt. Ich fand aber ihr direktes Feedback zu meinen Arbeiten sehr gut und sie hat sich auch die Zeit genommen, es persönlich mit mir zu besprechen und eventuelle Fragen zu klären.

Ich hatte enorm viel Spaß an meinem Modul und den Studieninhalten. Die Gruppenaktivitäten im Forum mochte ich nicht sehr, was aber zum Teil auch an meiner Gruppe lag. Am meisten habe ich das Anfertigen der Hausarbeiten genossen. Dieses tiefe Eintauchen in ein Thema/einen Text, das Nachvollziehen von Sachverhalten und Ausformulieren meiner Gedanken war großartig.

Aus psychischen und finanziellen Gründen habe ich mein Studium nach diesem einen Modul pausiert. Ich werde es voraussichtlich auch nicht wieder aufnehmen. Dieses Mal aber nicht, weil ich daran gescheitert wäre oder mich als Versagerin betrachten würde, sondern weil mir dieses eine Studienjahr alles gegeben hat, was ich für mich gebraucht habe: Die absolute Gewissheit, dass ich studieren kann.

Menschen, die mit dem, was für die Mehrheit gut funktioniert, nicht zurechtkommen, profitieren enorm von – teils unheimlich kleinen! – Anpassungen. Es ist nur schwierig, sie selbst zu benennen, wenn man gar nicht weiß, was möglich ist. Vielleicht hilft dir die Liste an Unterstützungen für mich ja dabei, für dich selbst die richtigen Akkommodationen zu finden. Viel Erfolg dabei!

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