
Picture-perfect love🤍
Wenn du an Liebe denkst, wie stellst du sie dir vor? Was für ein Bild hast du im Kopf? Wie sieht ein verliebtes Paar für dich aus? Wie siehst du dich als Teil eines solchen Paares? Und was willst du jetzt am liebsten an dir oder deinem Leben verändern, um diese Liebe zu bekommen?
Liebe basiert für uns alle ganz stark auf Bildern und diese Bilder sind in erster Linie geprägt von der medialen Darstellung, von dem, was wir in Büchern lesen oder in Filmen sehen, von dem, wie Liebe von Promis und Influencern zelebriert wird, wie sie online zur Schau gestellt wird oder wie darüber erzählt wird. Ganz automatisch orientieren sich unsere Erwartungen an Liebe daran und ebenso automatisch versuchen wir, unsere Liebe entsprechend zu erleben und auszuleben und ganz automatisch übernehmen wir dabei auch ganz klassische Bilder von Paaren: Mann und Frau.
Also EIN Mann und EINE Frau. Nicht-(cis-)heteronormative oder nicht-monogame Beziehungen sind nach wie vor eher selten sichtbar und damit in den meisten Köpfen als „falsch“ abgelegt (was sie NICHT sind!). Immerhin werden gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen cis-binären Personen inzwischen eher als solche anerkannt, aber immer noch ist es höchst problematisch für allen anderen Formen von Beziehungen.
Dabei sind all diese Bilder von Liebe ohnedies eher Unsinn, als wahr und das, was wir als Liebe und Beziehung gezeigt bekommen, ist in erster Linie ein Mittel für Kommerz. Wir wollen daran glauben, dass Liebe unabhängig vom Kapitalismus funktioniert, dass sie „natürliche Chemie“ ist, unschuldig, zart und rein. Liebe passiert einfach, setzt keine Leistung voraus, keine Selbstoptimierung, keine finanzielle Investition und doch haben natürlich weder Kapitalismus noch Leistungsgesellschaft die Finger davon gelassen und sagen uns, dass es genau das aber doch bitte braucht, damit wir geliebt werden können!
Da braucht es dann weniger Gewicht, mehr Fitness und die richtigen Klamotten, um die richtige Person anzuziehen. Oder Erfolg, Geld und Reisen an die richtigen Orte. Und wenn man diese „richtige“ Person gefunden hat, dann geht es weiter damit: Auf das Gewicht „achten“, sich fit halten, pflegen und natürlich wohl kuratierte Zeit zu zweit: Reisen, romantische Erlebnisse, oder wie wäre es direkt mit dem kuscheligen, zweisamen Van-Life, gerne ergänzt um eine ebenso kuschelige Katze. Was einem halt so – gegen entsprechendes Geld – verkauft werden kann.
Alles natürlich für den „Höhepunkt“ der Liebe: Die Hochzeit.
Oder vielleicht doch lieber erstmal noch die Sterne befragen und am richtigen Mindset arbeiten? (Das ist massiver Sarkasmus! Haltet euch bitte fern von Menschen, die euch erklären, dass ihr an eurem Mindset arbeiten müsst. Ehrlich.)
Aber ernsthaft: Ist euch schon mal aufgefallen, dass so ganz typische Liebesgeschichten in Büchern und Filmen meistens bei der Hochzeit enden? Alles führt zu diesem Ziel, das entsprechend groß und besonders auszufallen hat und danach kommt… ja, was eigentlich? Was kommt denn nach dem Filmende?
Wir bekommen auch da natürlich ein paar Bilder präsentiert und können uns daraus neue Ziele zusammenbauen: Wie wäre es mit einem Haus? Und dann vielleicht ein Hund? Ein Kind. Oder mehrere.
Oder doch erstmal die Karriere und Reisen und die Welt entdecken?
Und dann irgendwann: Gemeinsam alt werden. Das Bild von zwei weißhaarigen Menschen, die immer noch Händchen halten oder sich küssen, denn DAS, das ist doch jetzt wahre Liebe, nicht wahr?
Sorry, auch das ist nichts als ein Bild.
Das ALLES ist Teil unseres Bildes von Liebe und auch, wenn wir das unrealistisch finden: Irgendwo in unserem Inneren leben diese Bilder dennoch und beeinflussen, wie wir uns Liebe vorstellen, wie wir uns Beziehungen, ja unser ganzes Leben vorstellen. Wir träumen davon, so zu lieben, so geliebt zu werden, wie wir es gezeigt bekommen, denn am Ende erleben wir das, was wir am häufigsten sehen, als Normalität und irgendwo wollen dann doch die meisten von uns Normalität.
In Wirklichkeit spielen diese Bilder aber überhaupt keine Rolle und ich glaube, viel mehr Menschen, könnten anfangen ihre eigenen Bilder zu malen, wenn ihnen überhaupt erstmal klar werden würde, wie eingeschränkt die Bilder sind, die wir gezeigt bekommen – oder, dass hinter einem Bild oft viel mehr stecken kann, als wir wahrnehmen. Ich will an der Stelle nur so viel sagen: Der Ehemann und ich wirken nach außen wie ein ganz normales heteronormatives Pärchen. Wir sind es aber nicht. Und ja, ihr dürft euch jetzt gerne alle ausmalen, was das genau bedeutet, vielleicht erzähle ich irgendwann mal ja auch mehr dazu.
Liebe ist kein Bild und du kannst Liebe nicht nach Bildern gestalten.
Liebe hat nichts damit zu tun, welches Geschlecht du oder jemand anderes hat. Liebe ist nicht gemeinsam ausgehen, Blumen schenken und sich zu küssen. Liebe ist kein Ehering, kein gemeinsames Bett und auch kein Sex.
Und doch kann alles davon zu Liebe dazugehören.
Für mich ist Liebe, die gleichen Werte zu teilen, das Wohlbefinden und die Bedürfnisse des anderen zu achten den anderen Menschen ernstzunehmen und da sein zu wollen, wenn er etwas braucht – auch, wenn es vielleicht nicht immer geht. Liebe ist für mich, Ängste ansprechen zu können, traurig sein zu dürfen, anzuerkennen, dass man nicht die einzige wichtige Person im Leben eines anderen Menschen ist. Liebe ist auch Freiraum zu geben, Interesse aneinander zu haben, einander wachsen zu lassen, auch wenn die Wege manchmal in unterschiedliche Richtungen verlaufen. Liebe ist für mich, zu lächeln, weil ich an jemanden denke und überhaupt, ganz häufig an wen zu denken, auch wenn die Person gar nicht um mich herum ist* und Liebe ist zum Teil auch einfach, geliebt zu werden.
Liebe ist immer anders und das auf unendlich viele Arten und Liebe braucht viel weniger, als wir denken und das, was sie braucht, ist meistens nicht das, was wir auf Bilder bannen könnten. Liebe IST und Liebe hat keinen vorgegebenen Look.
Picture-perfect love existiert nicht – außer du malst dir dein eigenes Bild <3
* Mit-ADHSler*innen verstehen vermutlich, wie das gemeint ist.