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My neurodivergent life is a piece of art

Neurodiversität
Neurodiversität

Neurodiversität

13. April 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Biodiversität, das sagt uns etwas: „Irgendwas mit Artenvielfalt oder so, nicht wahr?“ Meistens verbinden wir es auch mit etwas Positivem und das ganz zu Recht, denn Biodiversität, die Vielfalt an Lebewesen und Ökosystemen, führt überhaupt erst dazu, dass wir so leben können, wie wir es tun: Trinkwasser, Sauerstoff, Nahrung, … – all das funktioniert nur durch Biodiversität. Die Vielfalt stärkt unsere Ökosysteme und macht sie anpassungs- und widerstandsfähig. Ohne sie wäre der Klimawandel schon längst gelaufen – und das nicht zu unserem Vorteil.

Und Neurodiversität? Um welche Vielfalt geht es da und ist das auch was Gutes?

Bei Neurodiversität geht es – grob formuliert – um die Vielfalt der menschlichen Gehirne, um unterschiedliche Informationsverarbeitung und -wahrnehmung.

Die große Mehrheit der Menschen denkt sehr ähnlich – nicht im Sinne von „Sie haben die gleichen Gedanken“, sondern ihre Wahrnehmung und ihre Reiz- und Informationsverarbeitung ist sehr ähnlich. Diese Menschen gelten als „neurotypisch“, sprich ihr Gehirn arbeitet in „typischen“ Parametern. Klar, sonst wären sie ja nicht die Mehrheit.

Jetzt gibt es aber darüberhinaus auch Menschen, deren Gehirn anders funktioniert: Es ist andersartig, abweichend oder eben neurodivergent.

Unter Neurodivergenz fallen viele psychische „Auffälligkeiten“, wie z.B.: Autismus, ADS/ADHS, Tourette, Schizophrenie, Bipolare Störung, Zwangsstörung; aber auch Lese-Rechtschreibstörung, Dyskalkulie („Rechenschwäche“) oder Sprechstörungen.

Schon daran sieht man: Menschen mit Neurodivergenz werden als gestört betrachtet. Sie funktionieren nicht so, wie es von der (neurotypischen) Mehrheit erwartet wird und sie gelten daher als problematisch und fehlerhaft. Von außen betrachtet ist das durchaus logisch: Das, was als Norm angesehen wird, wird von neurodivergenten Menschen „nicht erfüllt“. Ihr Gehirn funktioniert anders und erfüllt seine Aufgabe in anderer Form als ein Gehirn, das dem der Mehrheit entspricht.

Ist das schlecht? Nun, das kommt auf die Sichtweise an.

Menschliches Zusammenleben basiert stark auf einem gemeinschaftlichen Konsens: Man hat ähnliche Werte, ähnliches Grundwissen, ähnliche Reaktionen, ähnliche Grenzen. Weichen diese Grundannahmen voneinander ab, wird es kompliziert, denn ich „funktioniere“ nicht so, wie mein Gegenüber es erwartet und für sein eigenes Handeln voraussetzt und berücksichtigt.

Wenn ich zum Beispiel mit jemandem ausmache, dass wir uns um 17:30 Uhr treffen, erwartet jede*r von uns, dass wir uns auch tatsächlich um 17:30 Uhr treffen. Was aber, wenn ich Dyskalkulie habe und Zahlen in meinen Kopf einfach tun was sie wollen? Vielleicht übersetze ich es für mich in „5 Uhr 30“ und schon im nächsten Moment verdreht sich die Uhrzeit für mich in 15:30 Uhr. Am Tag des Treffens habe ich keine Ahnung mehr, was denn jetzt die richtige Uhrzeit war. Vielleicht werde ich 2 Stunden warten. Vielleicht wartet aber auch die andere Person auf mich. Die Tatsache, dass mein Gehirn anders funktioniert hat unabsehbare Folgen und ja, das ist störend, nervig, hinderlich.

Was wäre aber, wenn wir davon ausgehen würden, dass Uhrzeiten vielleicht nicht für jeden Menschen so eindeutig wären und uns entsprechende Hilfen überlegen würden? Vielleicht rufen wir am Tag vorher noch einmal an, um die andere Person an die richtige Uhrzeit zu erinnern. Oder wir schicken eine Nachricht: „Hey, bleibt es bei dem Treffen in 2 Stunden?“ Oder wir wissen vielleicht, dass der oder die andere grundsätzlich mit schriftlicher Information besser zurecht kommt und schreiben Termine daher auf. Es ist immer noch eine Störung im „üblichen“ Ablauf, aber an solche kleinen Hilfestellungen kann man sich nicht nur schnell und unproblematisch gewöhnen – sie helfen letzten Ende allen Menschen, egal, ob sie Dyskalkulie haben oder nicht!

Das Spannende ist nämlich: Die meisten neurotypischen Menschen kennen von sich selbst Situationen, in denen sie ähnliche Probleme wie neurodivergente Menschen haben. Vielleicht vergessen sie einen telefonisch ausgemachten Termin, weil sie kurz unaufmerksam waren. Vielleicht hat gerade jemand an der Tür geläutet oder das Kind hatte eine dringende Frage und schon schlüpfte der Termin aus dem Gedächtnis. Vielleicht waren sie auch müde, in einer lauten Umgebung, der Empfang war kurz weg oder sie hatten nichts zum Schreiben zur Hand und bis es soweit ist, haben sie die Uhrzeit schlichtweg vergessen.

Genau daher kommt der Satz: „Das ist doch kein Zeichen für Autismus/ADHS/etc. – das habe ich schliesslich auch!“ oder „Sind wir nicht alle ein bisschen autistisch?“

Neurodivergente Menschen hassen das, denn es fühlt sich meistens so an, als würden dadurch unsere eigenen Erfahrungen und Schwierigkeiten relativiert und heruntergespielt: „So schlimm ist das doch nicht…“

Aus der Sicht neurotypischer Menschen ist der Gedanke durchaus verständlich: Sie kennen das ja tatsächlich von sich – oder zumindest glauben sie das. Was ihnen nämlich nicht bewusst ist: Bei einem neurodivergenten Menschen kommen solche Situationen in einer Häufigkeit und Stärke vor, die für den neurotypischen Menschen – mit eben ganz anderer eigener Erfahrung – schlichtweg nicht vorstellbar ist. Das was bei dem einen „mal“ vorkommt, ist bei dem anderen ein Dauerzustand – und auch noch viel intensiver. Der Grundton mag identisch sein, aber die Ausprägung und ihr Einfluss auf das gesamte Leben und Sein ist ein ganz anderer.

Ist Neurodivergenz jetzt also schlecht? Für mich eindeutig nicht.

Ich kenne natürlich nur meine, die neurodivergente, Art zu denken und ich mag sie sehr. Habe ich dadurch Probleme? Ja, definitiv. Das liegt aber nicht daran, dass neurodivergentes Denken schlecht oder weniger effizient wäre; es passt einfach nur nicht in eine Welt, in der die Mehrheit anders denkt und die für diese Mehrheitsdenkweise ausgelegt ist.

Die Menschheit profitiert jedoch von andersartigem Denken. „Out of the box“-Denken und kreative Lösungsansätze sind gefragt und entstehen überhaupt erst dadurch, dass irgendjemanden eben anders, abweichend, divergent denkt.

Neurodivergentes Denken und Leben ist eine Bereicherung jeder Unterhaltung, jedes Zusammenseins und Neurodiversität – also neurotypisches UND neurodivergentes Denken – führen zu Vielfalt in unserer Gesellschaft. Eine Vielfalt, die wir brauchen und wertschätzen sollten.

Neurodiversität ist genau so gut und wichtig, wie Biodiversität und es ist höchste Zeit, Neurodivergenzen, wie Autismus, AD(H)S, Bipolarität und all die anderen nicht länger als minderwertig anzusehen, sondern als Stärke.

Diversität stärkt eine Gesellschaft. Abweichung stärkt eine Gesellschaft. Abweichung ist wertvoll.

Routinen und ADHS
Routinen und ADHS

Routinen und ADHS

9. April 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Meine Küche versinkt mal wieder im Chaos. Ungespültes Geschirr, angebrochene Packungen, ein Teil vom letzten Einkauf, leere Gläser… Ich ärgere mich über mich: „Warum kann ich nicht ordentlicher sein?“

Da fällt mir ein: Ich habe vorgestern die komplette Küche aufgeräumt, alles war sauber, die Flächen waren freigeräumt, nichts stand mehr herum. Es war großartig. Aber das war vorgestern. Heute ist schon wieder Chaos.

Irgendwo in mir schimpft eine Stimme: „Du musst einfach jeden Abend vor dem Schlafengehen die Küche aufräumen. Das braucht nur ein wenig Routine!“

Eine Routine! Na klar! Routinen sind schließlich so etwas wie der heilige Gral der Selbstoptimierungswelt: Mit Routinen ließen sich quasi alle Probleme lösen, sie würden einen zu einem besseren, fitteren, erfolgreicheren Menschen machen – also zu genau dem, was wir für erstrebenswert halten.

Eine Routine zu etablieren ist – laut Selbstoptimierungstipps – auch ganz einfach: Fange mit einer kleinen, einfachen Sache an (z.B. jeden Morgen ein Glas Wasser trinken) und baue deine Routinen dann langsam aus.

Ich scheitere schon an dem Glas Wasser.

Es ist nicht so, dass ich gar keine Routinen hätte. Ich stehe z.B. morgens auf, gehe auf die Couch und… eine Stunde später lege ich dann doch mal das Handy weg. Das ist aber nicht die Art von Routine, die die Selbstoptimierungsprofis meinen und ich frage mich: „Warum fallen mir die angepriesenen ‚sinnvollen‘ Routinen so schwer?“

Nun, die Sache ist die: Warum möchte ich überhaupt eine bestimmte Routine etablieren? Warum ist sie „sinnvoll“? Weil sie mich besser, ordentlicher, fitter, erfolgreicher machen soll? Weil das irgendwie wichtig ist in unserer Gesellschaft? Weil es Vorteile mit sich bringt?

Joa, klingt nett, aber um ehrlich zu sein: Das interessiert mich eigentlich gar nicht.

Was so oft als irrelevant abgetan wird ist genau der Punkt: Mein ADHS-Hirn kann schlichtweg nur die Dinge tun, die es tatsächlich interessieren, weil sie z.B. irgendwie spannend sind oder neu oder dringend, weil sie Kreativität miteinbeziehen oder eine Herausforderung darstellen.

Morgens ein Glas Wasser trinken um sich an Routinen zu gewöhnen? Die Küche aufräumen, einfach nur, damit es ordentlich ist? Da guckt mein Hirn nur empört und fragt: „Warum?!“ Das ist einfach uninteressant und motiviert mein Hirn so gar nicht. Auch nicht, wenn es mich eines Tages erfolgreicher oder zu einem besseren Menschen machen könnte. (Ganz abgesehen davon, dass mein ADHS-Hirn auch nichts mit „eines Tages“ anfangen kann.)

Ein ADHS-Hirn schaltet komplett ab, wenn es sich dazu gezwungen fühlt, etwas zu tun. Umso mehr ich also versuche, eine Routine aufzubauen, die für mein Hirn keinen Sinn ergibt, umso mehr blockiert es und ich kann GAR NICHTS mehr machen.

Aufräumen funktioniert bei mir so, dass ich eine ADHS-konforme Motivation dafür suche, z.B.:
Ich möchte kochen, also muss ich vorher aufräumen. (Dringlichkeit)
Ich kann etwas tun. (Aktivität)
Ich könnte ein neues Putzmittel testen. (Neuheit)
Ich könnte etwas neu organisieren. (Kreativität)
Ich könnte schauen, ob es schneller geht, wenn ich den Ablauf ändere. (Herausforderung)

Manchmal finde ich durchaus auch „aufgeräumt“ eine gute Motivation, aber nie so sehr, dass ich dafür eine Routine aufbauen wollte und könnte.

Heißt das jetzt, dass ich gar keine ‚sinnvollen‘ Routinen haben kann? Nein. Ich muss nur MIT meinem ADHS-Hirn arbeiten, anstatt es zu bekämpfen und bei einigen Dingen akzeptieren, dass ich dafür eben keine Routine aufbauen kann – und das ist überhaupt nicht schlimm, denn Routinen sind gar nicht die Lösung aller Probleme und sie machen einem auch nicht zu einem besseren Menschen.

Wenn wir an einer Routine scheitern, passt sie vielleicht nicht zu unserem Hirn.

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