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My neurodivergent life is a piece of art

Behinderung(en) und unserer Partnerschaft

Behinderung(en) und unserer Partnerschaft

5. Februar 2023 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

Meistens erzähle ich davon, was der Ehemann alles im Alltag für mich übernimmt, wie sehr er mich unterstützt und meine Behinderung – sowohl durch meine chronischen Schmerzen als auch durch meine Neurodivergenz – mitträgt. Heute zeige ich euch aber eine andere Seite, denn behindert zu sein bedeutet bei Weitem nicht, dass der nicht-behinderte Part unheimlich heldenhaft wäre und man als behinderter Mensch nichts zur Beziehung beiträgt.

Fangen wir damit an, dass ich den Ehemann heute angeschrien habe, weil er etwas verschüttet hat.

Nein, das ist nicht mein „toller“ Beitrag zu unserer Partnerschaft, aber es passiert ab und zu, wenn ich sehr viel Stress habe, überreizt, überlastet oder übermüdet bin und nicht so aufmerksam war, wie sonst. Der Ehemann ist nämlich der Typ „zerstreuter Professor“ und ganz oft sehr verpeilt, unaufmerksam und ungeschickt und ich gleiche das im Alltag aus und eliminiere mögliche Probleme, bevor sie passieren, oder bin für ihn „mit aufmerksam“.

Manchmal geht das schief, eben weil ich zu gestresst bin, überreizt oder übermüdet (oder in einer Zyklusphase, wo die Hormone „anstrengend“ sind) und dann explodiere ich innerlich und ein Teil davon landet halt auch äußerlich. Merke ich das rechtzeitig, bitte ich normalerweise den Ehemann darum, an diesem Tag besonders… besonnen zu agieren. Das heißt jetzt nicht, dass er den ganzen Tag Angst haben muss, dass ich wegen Kleinigkeiten explodieren könnte oder er alle eventuellen Fehlerquellen vorweg denken und unbedingt vermeiden muss. Es bedeutet, dass er bewusster handeln muss für diesen Tag.

Auf jemand anderen zu achten ist nämlich ganz schön anstrengend und frisst viel Energie und Nerven und macht es für mich schwierig, abzuschalten, wenn er anwesend ist. All das kann ich bei Stress, Überreizung, Übermüdung etc. einfach nicht leisten und dann muss er das selbst tun.

Ich rede normalerweise nicht darüber. Zu erwähnen, dass man aufpasst, dass der Ehemann nichts unabsichtlich verschüttet oder zerbricht, klingt entweder albern oder übertrieben und ich bekomme dann zu hören, dass ICH da ja wohl wichtiger bin und auf mich selbst achten soll und außerdem: „Er ist doch erwachsen und kann ja wohl selbst aufpassen.“

Aber wisst ihr, ich halte nichts von diesem Konzept, dass jeder Mensch möglichst selbst- und eigenständig zu sein hat und Dinge können muss, weil er eben erwachsen ist. So funktioniert Partnerschaft nicht für uns. Für uns bedeutet Partnerschaft, dass jeder von uns dafür sorgt, dass es dem anderen möglichst gut geht – soweit das halt in unseren Möglichkeiten liegt.

So holt der Ehemann für mich Rezepte und Überweisungen von Ärzt*innen, geht zur Apotheke, kommt beim Einkaufen mit, erledigt die Wäsche, weil man dabei Nachbar*innen begegnen könnte und so weiter; und ich achte auf die Dinge, die für ihn schwierig sind und kümmere mich darum.

Ja, natürlich erwarten wir von Menschen ab einem bestimmten Alter, dass sie all das selbst machen – aufpassen genauso wie einkaufen – und sehen nicht ein, warum „man“ das nicht einfach selbst macht, aber genau das ist es ja: Es ist nicht für jede Person gleich „einfach‘.

Für den Ehemann kostet die notwendige Aufmerksamkeit auf den Alltag Unmengen an Energie – für mich deutlich weniger. Warum sollte ich ihn dazu zwingen seine Energie für etwas zu verpulvern, dass ich ihm zu geringeren „Kosten“ abnehmen kann? Warum sollte er mich dazu zwingen, selbst Rezepte bei Ärzt*innen abzuholen, wenn das für mich super anstrengend ist, während es für ihn eine kleine Aufgabe ist?

Weil jeder von uns erwachsen ist und das können sollte?
Weil wir das „ja mal lernen müssen“?
Weil wir dann nicht zurechtkommen werden, wenn sich unsere Wege trennen sollten?

Sorry, aber das ist halt einfach Quatsch!

Wenn es notwendig ist, schaffen Menschen ganz erstaunliche Dinge. Dinge, die dann Unmengen an Energie und Nerven kosten, aber wir schaffen sie. Falls wir uns irgendwann tatsächlich trennen sollten, wird jeder von uns schon klarkommen und neue Lösungen für die „Problemstellen“ finden.

Solange wir aber zusammen sind, ist es nur logisch, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten die schwachen Stellen der Partnerperson auszugleichen. So sparen wir beide Energie, Kraft, Nerven, Zeit, was weiß ich.

Es hat einfach keinen Sinn, nur zum Lernen oder wegen „Arbeitsteilung“ oder wegen „das muss man aber können“, ständig Dinge zu tun, die super schwierig für einen sind, während jemand danebensteht und es viel einfacher übernehmen könnte. Das heißt ja nicht, dass einer von uns sagt: „Hab‘ keinen Bock auf diese Scheiß-Tätigkeit, die kann ja mein*e Partner*in machen.“

Es ist halt Abwägungssache, Gucken, Ausloten, Diskutieren und so weiter. Es ist der Wunsch, das Leben der Partnerperson so gut und einfach wie möglich zu machen.

Wie möglich! Das bedeutet nicht „dem anderen alles in den Schoß legen“!

„So einfach wie möglich“ bedeutet, dass jeder schaut, wie sich die beste mögliche Variante für alle Beteiligten finden lässt, weil eben alle gleich wertvoll und gleich wichtig sind, ungeachtet ihres Könnens, ihrer Leistungsfähigkeit oder ihres finanziellen Beitrags.

Partnerschaft bedeutet für uns nicht, dass man alles (vermeintlich gerecht) in so viele Teile teilt, wie es Partner gibt und dann jede*r gleich viel leistet. Partnerschaft bedeutet für uns, dass jede*r im Rahmen der eigenen Möglichkeiten daran mitwirkt, dass es allen Personen in der Partnerschaft so gut geht, wie das eben möglich ist, dass alle so viel Zeit und Möglichkeiten haben, ihre Interessen auszuleben, dass alle in den Dingen unterstützt werden, die schwierig für sie sind – egal, wie lächerlich diese Dinge wirken mögen.

Das heißt dann eben auch, dass ich auf den Ehemann „aufpasse“, auch wenn es dazu führt dass ich eher unentspannt bin, wenn er anwesend und nicht längere Zeit „sicher“ beschäftigt ist. Und es heißt, dass ich mich bemühe, ihm Bescheid zu geben, wenn ich nicht ausreichend Energie und/oder Nerven habe, um das zu leisten und er dann eben mehr seiner Energie/Nerven investiert, um selbst auf sich aufzupassen, auch wenn das bedeutet, dass er dann an dem Tag nicht mehr alles so tun kann, wie er das gerne würde.

Es ist ein gegenseitiges auf die jeweiligen Bedürfnisse des anderen achten und dafür sorgen, dass ALLE so viel gute Zeit wie möglich haben können – egal wie die am Ende aussieht.

Ich bin behindert

Ich bin behindert

3. Dezember 2022 Claudia Unkelbach Comments 0 Comment

CN: Ableismus

Der 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Ich wusste das nicht und das klingt vielleicht seltsam, denn in den letzten Monaten habe ich gelernt, mich selbst so zu bezeichnen: Behindert.

Immer noch kämpfe ich damit, halte mich für die Selbstbezeichnung an manchen Tagen für arrogant und unverschämt, finde mich „nicht behindert genug“ und so, als würde ich übertreiben. Ich habe keine sichtbare Behinderung. Ich humple manchmal wegen meines Bandscheibenvorfalls, ja, aber sonst sieht man mir nicht an, was mich behindert macht – und selbst das Humpeln versuche ich zu vermeiden, denn: Es könnte ja wem auffallen.

Ich fühle mich privilegiert dadurch. Ich werde nicht wegen meiner Behinderung angestarrt, bekomme keine zu neugierigen Rückfragen, kann fast ganz unauffällig sein, wenn ich das möchte und selbst bestimmen, wofür ich auffallen will, wenn ich auffallen will. Kein Mensch nimmt mir diese Entscheidung einfach ab, weil ich körperlich anders wirke als er und er denkt, dass es dadurch zu meiner Pflicht wird, ihn darüber aufzuklären, warum ich denn so anders bin – also bis auf manchmal, wenn die Menschen denken, dass es sie etwas angeht, dass ich dick bin und doch ist das anders.

Wenn die liebe Freundin mir erzählt, dass sie schon wieder in der Bahn angestarrt wurde oder zu einer Veranstaltung nicht gehen möchte, weil sie nicht abschätzen kann, ob dort ihre Bedürfnisse mitgedacht werden, fühle ich zunächst Scham. Scham darüber, nicht daran gedacht zu haben und auch zu denen zu gehören, die sie nicht mitdenken – und dann fällt mir ein, dass ich zum Teil deswegen nicht bewusst daran denke, weil ich das, was sie erzählt, auch irgendwie kenne und als „normal“ empfinde.

Es ist anders bei mir und ich bin mir viel zu oft nicht bewusst, wo genau ihre Schwierigkeiten liegen, und doch gibt es Gemeinsamkeiten, ein ähnliches Erleben, ähnliche Kämpfe, ähnliches Verpassen und Vermeiden – all das, was Behinderung mit uns macht. Mit mir, mit der lieben Freundin und all den anderen Menschen, die auf die eine oder andere Art behindert sind.

Ich bin grundsätzlich ungern in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Es ist anstrengend, wenn viele Menschen um mich herum sind. Ihre Blicke machen mir Angst, ihr Gelächter und ihr Getuschel. Ich will auch nicht die vorwurfsvollen Mienen sehen, weil ich einen Sitzplatz nutze, obwohl ich dick bin. Lieber stehe ich, vor Schmerzen schwitzend, klammere mich an einen Haltegriff und konzentriere mich auf meinen Atem, immer voller Angst, dass die Schwärze vor meinen Augen mich doch noch umwerfen könnte.

Aber ich muss mir zumindest keine Gedanken darüber machen, ob ich das Verkehrsmittel überhaupt betreten werde können…

Letztens wollte ich einen Workshop besuchen. Weidenflechten. Ich habe mich nicht einmal getraut, mich anzumelden, denn neben der Tatsache, dass fremde Menschen immer schwierig für mich sind und ich in sozialen Situationen große Probleme habe, war mir auch nicht klar, wie ich das machen sollte, dort mehrere Stunden eine körperliche Tätigkeit zu verrichten. Ich bräuchte wahrscheinlich alle 30 Minuten eine Pause, müsste mich hinlegen, weil ich mit Schwindel und Schmerzen zu kämpfen habe und würde den ganzen Workshop aufhalten, weil ich… behindert bin. Aber naja, dann besuche ich den Workshop eben nicht, macht ja nichts.

Und doch: Es MACHT was!

Es macht was mit mir, dass ich nicht einfach so mit einem Bus fahren kann, dass ich nicht einfach so zu einem Vortrag oder einem Workshop gehen kann, dass ich nicht einfach so an unbekannte Plätze gehe, weil ich nicht weiß, was mich dort erwartet und ob ich dort klarkommen werde, ob die Menschen dort Masken tragen werden und auf Abstand achten werden. Es macht etwas mit mir, dass ich mir vor jeder noch so kleinen Unternehmung überlegen muss, ob sie für mich geeignet sein wird, oder ich mich zumindest so weit anpassen können werde, dass ich sie durchhalten kann. Ob sie dann noch Spaß macht, mal vollkommen dahingestellt.

Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie es ist, einfach irgendwo hinzufahren, eine Reise zu buchen, an einer Veranstaltung teilzunehmen oder einen Ausflug zu machen. Ja, das ist bei mir aus anderen Gründen als bei jemandem, dessen Rollstuhl oder Sehbehinderung mitbedacht werden muss, aber am Ende bin ich dennoch behindert.

Ich muss immer meinen körperlichen und psychischen Zustand mitbedenken, meine Energie, meine Aufgaben für die nächsten Tage und Wochen, meine Leidensfähigkeit, meine sozialen Fähigkeiten, mein Durchhaltevermögen, auch in Bezug auf Reize und Menschen. Ich muss Wochen im Voraus planen – und gleichzeitig immer bereit sein, im letzten Moment die Pläne umzuwerfen, weil es dann doch nicht geht.

Sind andere Menschen involviert, meide ich Pläne dann oft komplett. Ich möchte nicht ständig im letzten Moment absagen, will nicht, dass andere auf mich Rücksicht nehmen müssen, möchte ihnen nicht das Gefühl verleihen, dass sie mir nicht so wichtig sind, dass ich mich nicht einfach „ein bisschen zusammenreiße“. Wie sollte ich ihnen auch erklären, dass es eben nicht „ein bisschen zusammenreißen“ ist, sondern weit über meine Grenzen gehen, tagelang NICHTS mehr machen können und zwar wirklich nichts. Gar nichts.

„Nichts machen“ bedeutet für andere Menschen, dass sie nichts „Sinnvolles“ machen. Sie lesen dann vielleicht, basteln, backen, schauen fern, treffen sich mit Freund*innen. „Nichts“. Mein Nichts bedeutet, dass ich auf der Couch liege und mich mit Instagram-Reels ablenke, weil alles, was darüber hinausgeht, zu anstrengend ist. Mein Nichts bedeutet, dass ich nicht mit Menschen kommunizieren kann, nicht kochen kann, nicht basteln kann, keine Hörbücher hören – geschweige denn lesen – kann, nicht einkaufen kann, ja noch nicht mal rausgehen kann. Mein Nichts bedeutet NICHTS und mein Nichts ist die Folge von dem, was für andere Menschen ganz normale, alltägliche Dinge sind!

Ich bin behindert.

Immer noch bin ich erst am Anfang davon, das für mich als wahr zu verstehen, zu begreifen, dass behindert eben nicht nur das ist, was wir sehen, sondern all das, was uns das Leben so viel schwerer macht als den meisten und was wir meistens überspielen, um für andere nicht zu anstrengend zu sein.

Immer noch bin ich erst dabei, mir selbst klarzumachen, dass auch ich behindert bin: Ohne sichtbare Behinderung, ohne die spezifischen Probleme, die aus diesen Behinderungen entstehen, aber durch andere Behinderungen und deren Folgen.

Ich bin behindert und der 3. Dezember ist auch mein Tag.

Ein behinderter Blick: Online-Shops vs. lokaler Handel

Ein behinderter Blick: Online-Shops vs. lokaler Handel

14. August 2022 Claudia Unkelbach Comments 2 comments

Kennt ihr diese Schlagzeilen, dass die Innenstädte veröden, die lokalen Einzelhändler sterben und an allem der böse, böse Onlinehandel Schuld hat? Ja? Aber kennt ihr auch die Schlagzeilen, dass der Onlinehandel so zugänglich und behindertenfreundlich ist und zu Recht immer größeren Zulauf erhält? Nein? Verständlich, weil darüber berichtet nämlich niemand.

Ich bin Autistin, habe ADHS, eine soziale Angststörung, eine (komplexe) posttraumatische Belastungsstörung, chronische Schmerzen, Fatigue, bin dick und noch ein paar Dinge mehr, die hier aber nicht so wichtig sind. Was wichtig ist: Meine verschiedenen Probleme führen dazu, dass klassisches Shopping für mich voller Probleme und Hürden steckt.

Das beginnt schon damit, dass ich nicht ohne weiteres zum nächstgelegenen Laden komme. Wir wohnen am Stadtrand, bis zu einem Basic-Lebensmittelladen ist es ein Kilometer. An guten Tagen laufe ich das – aber die guten Tage sind gerade sehr selten.

Brauche ich mehr als Lebensmittel wird es schon komplizierter, denn schon alleine der nächste Schuhladen ist fußläufig nicht mehr wirklich erreichbar. Ich könnte also den Bus nehmen, aber der Bus ist als Autistin mit sozialer Angststörung jedes Mal eine enorme Belastung und ich bin nach der Busfahrt so erschöpft, dass ich eigentlich direkt wieder ins Bett müsste, um mich dort den Rest des Tages zu erholen.

Also Auto? Ja, funktioniert, aber dann kommt das nächste Problem: Sensorische Überreizung.

Läden sind hell, laut und oft voller Menschen und ich kann nichts davon ausblenden, weil mein Kopf Reize nicht filtert, sondern jeden einzelnen davon verarbeiten möchte. Das ist so, als würden 10 wichtige Menschen gleichzeitig mit dir reden und du MUSST allen zuhören, weil ihre Informationen wichtig sind und sie von dir erwarten, dass du sie beachtest. Sie werden sie nicht wiederholen, du bekommst sie auch nicht schriftlich und Fehler darfst du dir nicht erlauben, also hörst du besser zu. Allen! Klingt anstrengend? Ja! Genau das ist es.

Und jetzt stell‘ dir vor, du musst, während diese Menschen mit dir reden, auch noch entscheiden, was du in dem Laden kaufen möchtest. Du musst Schuhe anprobieren (noch mehr Reize!), du musst sie vergleichen, Preise nachschauen und schließlich eine Entscheidung treffen – und immer noch reden diese zehn Menschen mit dir und du darfst nichts von dem, was sie sagen verpassen!

Währenddessen bereitet das grelle Licht dir Kopfschmerzen, deine Ohren tun weh vom Lärm, deine Haut fühlt sich an, als wärst du durch ein Brennnessel-Feld gelaufen und innerlich möchtest du am liebsten explodieren, weißt aber, dass das gerade nicht geht.

Irgendwann schaffst du es in dem ganzen Trubel, dich für ein paar Schuhe zu entscheiden, du schaffst es, sie zu bezahlen und jetzt musst du nur noch mit ihnen nach Hause kommen – und hoffen, dass deine Entscheidung nicht allzu schlecht war, denn sonst musst du sie zurückbringen und neue aussuchen und das ganze Drama geht von vorne los!

Aber selbst, wenn du es irgendwie geschafft hast, tolle Schuhe mit denen du echt glücklich bist zu finden: Der Preis dafür ist hoch, denn dieser eine Einkauf hat deine Energie für den ganzen Tag erschöpft – und oft auch für den nächsten und den übernächsten. Ja, du hast deine Schuhe, aber du wirst heute nichts mehr kochen können, dich nicht mit Freund*innen unterhalten können – von treffen reden wir gar nicht erst -, nicht mehr arbeiten können und dein geliebter Sport? Vergiss ihn – du hast doch ein paar Schuhe!

Ja, es gibt Läden, die angenehmer sind. Sie sind vielleicht kleiner oder leiser oder du hast das Glück zu einem Zeitpunkt dort zu sein, zu dem kaum andere Menschen unterwegs sind und das ganze Einkaufserlebnis ist dadurch deutlich weniger anstrengend.

Jetzt kommt aber noch dazu, dass ich dick bin und dass ich oft sehr spezielle Interessen habe und dafür sehr spezielle Dinge benötige. Kleidung in meiner Größe vor Ort kaufen? Schwierig. Sehr schwierig. Eine sehr spezielle Silikonform für mein Spezialinteresse Backen vor Ort kaufen? Unmöglich. Ernsthaft. Unmöglich.

Das, was ich möchte, gibt es oft vor Ort nicht. Auch, wenn ich einen echt guten Tag habe und es schaffe, 3, 4, 5 Läden abzuklappern – es gibt diese Dinge nicht und noch nicht mal etwas Vergleichbares! Online tippe ich das, was ich möchte in eine Suchmaschine ein und in 9 von 10 Fällen werde ich fündig und kann das Gewünschte direkt bestellen – manchmal habe ich Pech und es ist in Deutschland nicht verfügbar (oder die Lieferkosten sind mir hoch).

Ich bekomme also das, was ich gerne hätte und es kostet mich auch noch deutlich weniger Energie.

Für mich ist Onlineshopping einfach so, so viel zugänglicher!

  • Ich bin nicht darauf angewiesen, dass ich körperlich dazu in der Lage bin, das Haus zu verlassen, zu einem Laden zu kommen und ihn zu betreten.
  • Ich muss nicht mit sensorischen Problemen im Laden kämpfen, denn der „Laden“ ist direkt in meinem Wohnzimmer und dort bestimmte ich die Umgebungsparameter.
  • Ich muss nicht mit fremden Menschen kommunizieren um das, was ich gerne hätte, auch zu bekommen, denn Onlineshops haben dafür Suchfunktionen.
  • Ich bekomme Dinge, die ich vor Ort einfach nicht bekommen kann.
  • Ich kann Preise direkt zwischen verschiedenen Shops vergleichen.
  • Ich kann über Produkte recherchieren und bekomme oft bessere Informationen als im Laden.
  • Ich bekomme alles nach Hause geliefert.
  • Ich kann zuhause ganz ohne Stress alles an- und ausprobieren.
  • Ich habe Zeit, um mich zu entscheiden, ob ich etwas möchte oder nicht und reduziere damit Impulskäufe.
  • Ich kann Fehlkäufe zurückschicken.

Ja, Onlineshopping hat Probleme, viele sogar! Aber ich habe so die Nase voll davon, dass der „lokale Einzelhandel“ als besonders schützenswert angesehen wird, während darüber nachgedacht wird, wie man Onlineshopping unattraktiver machen kann!

Ich erwarte überhaupt nicht mehr, dass der lokale Einzelhandel für mich zugänglich – geschweige denn attraktiv – ist, aber die Sache ist doch die: Entweder der lokale Einzelhandel passt sich an mich als Kundin an oder er lebt damit, dass ich mir eine Alternative suche!

Einzelhändler*innen haben immer weniger Kundschaft, weil alle lieber online kaufen? Ich verrate euch was: Es liegt nicht an den günstigen Preisen. Online ist oft überhaupt nicht billiger. Aber es ist zugänglicher, verfügbarer, einfacher, energiesparender und nervenschonender!

Natürlich kann der lokale Einzelhandel nicht alle Wünsche abdecken – ich verstehe total, dass meine ganz spezielle Silikonform vor Ort nicht verfügbar ist -, aber ist es wirklich so, dass 90 % der Menschen im Gegensatz zu mir gerne helle Lichter und laute Musik beim Einkaufen haben? Oder stört es sie nur einfach nicht und der Handel freut sich, weil er dann nichts verändern muss und die Marketing-Bibeln doch alle sagen, dass Dauerbeschallung zu mehr Einkäufen führt? Dann freut euch, aber wundert euch nicht länger, dass Menschen, die mit lauter Musik nicht zurechtkommen, nicht bei euch einkaufen wollen – ihr wollt sie ja offensichtlich überhaupt nicht als Kund*innen haben!

Wollt ihr doch? Dann werdet verdammt noch mal zugänglicher für Menschen wie mich, bevor sie euch alle davonlaufen!

Bei mir ist es schon zu spät, denn ich genieße die Vorteile des Onlineshoppings mittlerweile viel zu sehr, als dass ich mich wieder auf den ach so guten, alten lokalen Einzelhandel einlassen wollen würde, aber es gibt Menschen, die tatsächlich gerne vor Ort einkaufen und es wird Zeit, dass der lokale Einzelhandel sich für deren Bedürfnisse interessiert!

Zerstört mein Verhalten den lokalen Einzelhandel? Nein. Der lokale Einzelhandel zerstört sich selbst und das tut mir so leid für die Menschen, die auf ihn angewiesen sind!

PS: Ja, Mitarbeiter*innen im Onlinehandel und Paketzusteller*innen haben es oft hart und das finde ich echt Mist – nur glaubt bitte nicht, dass Mitarbeiter*innen im lokalen Einzelhandel es so viel besser haben. Die Probleme sind oft andere – und oft auch die gleichen.

PPS: Ja, große Onlinehändler, die ihre Steuern möglichst klein rechnen sind scheiße. Aber glaubt ihr, dass euer lokaler Einzelhändler vor Ort – der ja in den meisten Fällen auch nur Teil einer größeren Kette ist -, das nicht auch macht – soweit es ihm halt möglich ist?

Das ist meine Sicht und meine Gründe, warum ich lieber online einkaufe. Es gibt aber genau so auch behinderte Menschen, für die vor Ort einkaufen Vorteile gegenüber Online-Shopping hat!

Unsere Probleme und Lösungsansätze sind einfach unterschiedlich. Gemeinsam haben wir, dass wir uns wünschen würden, dass unsere Bedürfnisse besser berücksichtigt werden und das Einkaufen – wie und wo auch immer – dadurch für uns einfacher werden und uns weniger Energie kosten würde.

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